Banken hören nur auf harte Fakten
Basel II hat die Spielregeln bei der Kreditvergabe grundlegend verändert. Mittelständler, die nicht mitspielen, setzen ihre Kreditchancen aufs Spiel.
Die internationale Vereinbarung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht soll die Geschäftsrisiken von Banken begrenzen und das Finanzsystem insgesamt stabiler machen. Im Jahr 1999 wurden die Vorschriften von 1988 (Basel I) an die aktuellen Entwicklungen im Bankgewerbe angepasst (daher „Basel II“). Seit dem 1. Januar 2007 müssen diese Vorschriften in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union angewendet werden. Viele mittelständische Unternehmen unterziehen sich bereits seit längerer Zeit einem Rating, das keine neue Erfindung von Basel II ist.
War Ihre Bank bisher vollkommen glücklich, wenn Sie sie laufend mit den aktuellen Geschäftszahlen versorgten? Falls ja, könnte sich das bald ändern. Im Zuge von Basel II muss Ihr Bankberater heute mehr wissen: etwa welche Unternehmensziele Sie mit welchen Strategien verfolgen, welche Rolle dabei Ihr Team spielt oder welches Konzept und welche Vision hinter Ihrem Unternehmen stehen. Das alles beeinflusst das Rating Ihres Unternehmens, wie in den Richtlinien von Basel II festgeschrieben.
Teil 1 ist harmlos. Business Intelligence kennt jeder Unternehmer, vielleicht nur unter anderem Namen. Teil 2 sagt, welche Fortschritte IT bei der Kennzahlenanalyse macht. Teil 3 wird handfest: Welche BI-Anbieter es gibt, was sinnvoll ist und womit Sie rechnen müssen.
Vorteile: Sicherheit und Transparenz
Die Neugierde Ihres Bankberaters mag nicht immer angenehm sein, doch sie bringt auch Vorteile. So erhalten mittelständische Unternehmen im Zuge von Basel II leichter Kredite. Das bestätigte eine Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (ASU) unter ihren Mitgliedern.
Vor allem müssen Sie weniger Zinsen zahlen, wenn das Rating Ihre Firma als besonders solide und damit kreditwürdig ausweist. Das poliert auch das Image auf und steht für Bonität und ein geringes Ausfallrisiko.
Das Rating hilft Ihnen außerdem dabei, die Stärken und Schwächen Ihres Unternehmens besser zu erkennen. Und Sie sehen anhand der Rating-Kennzahlen, wo Sie innerhalb der Branche stehen.
Nachteile: Entscheidungsbindung und Zinsen
Ein schlechtes Rating bringt natürlich Nachteile: Je wahrscheinlicher es ist, dass Ihr Unternehmen Pleite macht, desto höher sind Ihre Kreditzinsen. Der persönliche Ermessensspielraum des Bankberaters, der Sie und Ihr Unternehmen kennt, sinkt gegen null. Ein Rating kostet einiges – und das laufend.
Kredite für den Mittelstand sind in Österreich noch unschlagbar preiswert, wie eine Auswertung (Stand 12/2006) der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigt: Die Zinsen für Kredite bis zu einer Mio. Euro liegen rund ein Prozent unter dem Niveau in Deutschland. Am eifrigsten im Geschäft mit deutschen Unternehmen ist die RLB Oberösterreich.
„Verführen Sie Ihre Bank“, raten daher Finanzexperten: Betrachten Sie sie wie einen guten Kunden, den man umwirbt und vor dem man sich ins beste Licht setzen möchte. Wie man das macht, zeigt zum Beispiel die Ratingampel, eine Initiative des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.
Fazit: Ohne Rating geht bald nichts mehr
Seit Basel II weht der Wind für mittelständische Unternehmen noch härter. Es reicht nicht mehr, sich auf Bilanzen und herkömmliche betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWAs) zu stützen. Doch das neue Regelwerk bietet KMU auch Chancen, die oft nicht genützt werden. Dabei zahlt es sich für die Unternehmen nicht nur aus, Zeit und Geld in die Finanzkommunikation zu stecken, es wird sogar zur Überlebensfrage. Der Chef der Bonner Finanzaufsicht, Jochen Sanio, sagte es ganz deutlich: Firmen, die nicht an ihrer Kreditwürdigkeit arbeiten, werde früher oder später der Geldhahn zugedreht.