Die EU will Zahlen sehen
Von Sabine Philipp
Die Europäische Kommission spricht nicht vom Mittelstand, sondern von Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU). Sie stellen EU-weit 99 % aller Unternehmen – mit ihren eigenen Schwierigkeiten und Bedürfnissen. Um Verzerrungen auf dem Binnenmarkt zu vermeiden, stellt die KMU-Definition einen Kriterienkatalog auf, der europaweit Geltung hat, wenn es um die Beantragung von Fördermitteln geht.
Anders als z.B. das IfM Bonn, dem vor allem daran liegt, die Lage des Mittelstands zu analysieren und für die Politik konkrete Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten, soll die EU-Definition lediglich gleiche Konditionen innerhalb der Europäischen Union festschreiben. Dabei gelten nur harte Fakten.
Unternehmer in Europa
Ein KMU ist im Prinzip jedes Unternehmen, das eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und die EU-Kriterien erfüllt. Wichtig ist seit 1. Januar 2005 nur, dass diese Unternehmen weniger als 250 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro bzw. eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. Euro haben. Dann gelten sie als mittlere Unternehmen.
Im internationalen Sprachgebrauch der EU heißt KMU meist Small and Medium(-sized) Enterprise (SME), in anderen Ländern auch Small and Medium(-sized) Business (SMB).
Daneben gibt es noch die kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanz von höchstens 10 Mio. Euro sowie die Kleinstunternehmen. Darunter fallen entweder Einzelkämpfer oder Firmen mit weniger als zehn Mitarbeitern und einen Jahrsumsatz bzw. einer Jahresbilanz von höchstens 2 Mio. Euro.
KMU und Mittelstand: Definitionen im Vergleich | |||
---|---|---|---|
Mittleres Unternehmen | Kleines Unternehmen | Kleinstunternehmen | |
Europäische Union | < 250 Mitarbeiter | < 50 Mitarbeiter | < 10 Mitarbeiter |
≤ 50 Mio. Euro Umsatz oder | ≤ 10 Mio. Euro Umsatz oder | ≤ 2 Mio. Euro Umsatz oder | |
≤ 43 Mio. Euro Bilanzsumme | ≤ 10 Mio. Euro Bilanzsumme | ≤ 2 Mio. Euro Bilanzsumme | |
IfM Bonn | < 500 Mitarbeiter | < 10 Mitarbeiter | |
≤ 50 Mio. Euro Umsatz | ≤ 1 Mio. Euro Umsatz | ||
Plus sämtliche eigentümergeführten Unternehmen: Bis zu zwei natürliche Personen oder ihre Familienangehörigen halten mindestens 50 % der Anteile und gehören der Geschäftsführung an. |
Bilanz nach Stichtag
Die genannten EU-Schwellenwerte beziehen sich auf den letzten Rechnungsabschluss und werden auf Jahresbasis berechnet. Dabei fließt der Umsatz ohne Mehrwertsteuer oder sonstige indirekte Steuern oder Abgaben ein.
Sollten Sie am Stichtag feststellen, dass Sie die Werte über- oder unterschritten haben, verlieren (bzw. erwerben) Sie nicht automatisch den neuen Status. Dazu müsste es erst in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren zu einer Über- oder Unterschreitung kommen. Da es bei neu gegründeten Unternehmen logischerweise noch keinen Jahresabschluss gibt, werden die Daten im Laufe des Geschäftsjahres nach Treu und Glauben geschätzt.
Mitarbeiter in Vollzeit
Bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl zählen nur die Jahresarbeitseinheiten (JAE), also die Zahl der Personen, die während des gesamten Berichtsjahres einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen sind. Für Teilzeitkräfte und Saisonarbeiter wird der jeweilige Bruchteil an JAE gezählt.
Zu den Mitarbeitern zählen Lohn- und Gehaltsempfänger, Kollegen, die einem Arbeitnehmer gleichgestellt sind, sowie mitarbeitende Eigentümer und Teilhaber. Auszubildende oder sonstige Personen, die eine Ausbildung bei Ihnen machen, werden nicht mitgerechnet. Ebenso wenig wie Eltern im Mutterschutz bzw. während der Elternzeit.
Anteile und Verflechtungen
Eigenständige Unternehmer haben es leichter, ihren KMU-Status zu bestätigen. Im Grunde reicht es, wenn Sie, wie bei der KfW-Mittelstandsbank, eine vereinfachte Selbsterklärung mit den richtigen Zahlen ausfüllen. Ein Betrieb gilt dann als eigenständig und nicht verflochten, wenn er nicht mehr als 25 % am Kapital oder an den Stimmrechten eines anderen Unternehmens hält bzw. nicht in diesem Maße Kapital oder Anteile außer Haus gegeben hat.
Schwieriger wird es bei Verflechtungen, z.B. wenn Partnerunternehmen existieren (25 bis 50 %) oder Sie im Verbund tätig sind. Hier hilft das KMU-Benutzerhandbuch der EU am besten weiter. Es sagt Ihnen, wie Sie Ihren Status genau ausrechnen können. Generell lässt sich sagen, dass die Anrechnung proportional zum Anteil der Beteiligung am Kapital oder an den Stimmrechten erfolgt.
Fazit: Der Status wird Standard
Auf die scharfe EU-Definition berufen sich in der Praxis mittlerweile fast alle Stellen, die mit dem Mittelstand zu tun haben, so dass sie quasi allgemein gültig geworden ist, z.B. auch bei Bestimmungen zum Arbeitsschutz. In erster Linie soll sie Rechtssicherheit garantieren und Klarheit schaffen, wer Fördermittel bekommt und wer nicht. Das gilt keineswegs nur für EU-Töpfe im engeren Sinn: Die Empfehlung der EU-Kommission betrifft neben der Europäischen Investitionsbank und dem Europäischen Investitionsfonds auch staatliche Beihilfen und Förderungen der KfW-Mittelstandsbank.