Bevor das Geschäft stottert
Von Sabine Philipp
Wer für komplexe Projekte oder unerwartete Auftragsspitzen über einen kurzen Zeitraum überdurchschnittliche Serverkapazitäten braucht, muss nicht gleich in teure Neuhardware investieren. Oft ist es möglich, die Last auf virtuelle oder gerade nicht ausgelastete Server zu verteilen. Oder man mietet sich die benötigte Leistung via Web-Anbindung von einem Anbieter „aus der Wolke“.
Beim Cloud Computing wird CPU-Zeit, also Serverkapazität von außen nach Bedarf zugemietet. Im Prinzip läuft diese Methode wie SaaS (Software as a Service), nur dass nicht Anwendungen, sondern Rechenleistung geliehen werden „Cloud Computing eignet sich besonders, wenn die Last kurzfristig sehr hoch ist“, erklärt Fachmann Matthias Krawen. „Eine Cloud wird häufig von Kunden gebucht, die über einen bestimmten Zeitraum Werbung schalten und kurzfristig einen sehr starken Anstieg der Serverkapazitäten erwarten.“
Einfach etwas mehr
Nicht immer ist der Bedarf aber schon im Vorfeld absehbar: „Ein Kunde, der auf seiner Webseite ein Preisausschreiben laufen hatte, ist durch Zufall in einem Gewinnspielportal gelandet und verzeichnete auf einmal riesige Zugriffszahlen. Er hat dann einfach ein paar Server kurzfristig dazugemietet und das Problem war gelöst“, berichtet Krawen. Gezahlt wird in einem solchen Fall nach Rechenzeit, Datentransfer und Anzahl der Server.
Cloud Computing lohnt sich laut Krawen aber nur, wenn die Leistung sehr kurze Zeit benötigt wird, denn „für eine Dauerlösung ist das noch zu teuer.“ Eine einfache Leistung wie z.B. ein Exchange Server käme als Cloud-Lösung auf das Doppelte der monatlichen Leasing-Raten für den Server plus Servicepauschale (was etwa im unteren dreistelligen Bereich anzusetzen ist).
Schwarz auf Weiß
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Erschwerend kommt hinzu, dass gerade kleine Unternehmen meist nicht umstandslos auf Cloud umschalten können. „Sie müssen die zusätzliche CPU-Leistung intergieren können“, betont Krawen. Gut aufgestellt sind hier diejenigen, die ohnehin SaaS nutzen. „Dann existiert schon eine Serverstruktur, zu der einfach ein weiterer Nutzer kommt.“ Ebenso gut geeignet sind Applikationsserver für Thin Clients, bei denen die Rechenarbeit nicht mehr auf dem eigenen PC lastet, sondern vom zentralen Server verrichtet wird.
Matthias Krawen ist studierter Informatiker, seit gut 16 Jahren im IT-Geschäft und führt als Inhaber die Hamburger Compositiv GmbH. Seine Leidenschaft gehört der Welt unter der Oberfläche, ob als passionierter Taucher oder bei der Einrichtung von Firmennetzwerken. Sein Stolz ist die ausgeklügelte Planung, Einrichtung und Administration von Servern und hochverfügbaren Systemen, die so rund laufen, dass sie fast unbemerkt bleiben.
Als Alternative schlägt Krawen vor, von vornherein auf eine Cluster-Infrastruktur abzustellen. „Grob gesagt arbeiten bei einer Cluster-Lösung mehrere Server nebeneinander an der Aufgabe so dass die Last eigentlich immer verteilt wird.“ Der Ausfall von einer oder mehreren Komponenten bzw. ein starker Anstieg des Bedarfs kann in einer solchen Infrastruktur am besten toleriert werden. Solche Cluster werden auch vielfach für Hochverfügbarkeitslösungen eingesetzt.
Ohne spürbare Unterbrechung
„Hochverfügbar“ heißt kurz und bündig, dass die Server ununterbrochen arbeiten. Die Branche unterteilt ihre Klassifizierung nach der Anzahl der Neuner in der prozentualen Kennzahl. Die Verfügbarkeitsklasse 4 sagt aus, dass der angebotene Dienst im Mittel z.B. 99,99 % der Zeit verfügbar ist. „Praktisch sieht das so aus,“ sagt Krawen, „dass Sie einen Serverausfall gar nicht bemerken.“
Nun bedeutet Hochverfügbarkeit für ein Börsenportal, das pro Minute mehrere tausend Transaktionen verzeichnet, etwas anderes als für einen handlichen Internet-Shop. „Um den Bedarf zu berechnen, sollten Sie sich einfach fragen, was es Sie kostet, wenn der Server für einen halben oder ganzen Tag ausfällt“, rät der Fachmann. Wenn z.B. der Webshop still liegt, macht man keinen Gewinn, hat dennoch Ausgaben und verprellt mögliche Kunden; das System kann aber am nächsten Tag problemlos wieder anfahren – sofern die Datenbank dabei keine Aufträge verschluckt hat.
Teil 1 erklärt, wie weit die gesetzlich vorgeschriebene Verfügbarkeitskontrolle reicht. Teil 2 prüft, auf welche Weise sich eine Cloud gegensichern und garantieren lässt. Teil 3 spielt schließlich die Abläufe für die besonders gefährdeten Mobilgeräte durch.
Es ist also eine reine Kosten-Nutzen-Rechnung, für die es je nach Unternehmen und Bedarf verschiedene Lösungen gibt. In jedem Fall sollten derartige Szenarien einmal durchgespielt und zumindest die Kernfunktionen nach dem Prinzip der Redundanz (Austauschbarkeit) gesichert sein. So können defekte Teile wie z.B. Lüfter schnell ersetzt werden, und ein Reserveserver springt ein, bevor es zum Stillstand kommt.
Virtualisiert abgefedert
Die gute Nachricht ist, dass Serverredundanz nicht notwendig neue Maschinen erfordert. Auch virtuelle Server können die Last auffangen, z.B. mithilfe des XenServers, den es auf der Seite der Mutterfirma www.citrix.de sogar kostenlos zum Download gibt. Die Virtualisierung eignet sich für Firmen, die bislang nur mit einem Server arbeiten, aber eigentlich einen zweiten benötigen – z.B. eben, um Hochverfügbarkeit zu gewährleisten. Zudem können sie dann dynamisch Hauptspeicher und CPU-Ressourcen zuweisen.
Wichtig!
Nicht jede Software eignet sich für eine Virtualisierung, manche Schnittstellen stehen nicht zur Verfügung und letztlich ist die beste Virtualisierung niemals so sicher wie dezidierte Hardware.
Eine weitere Möglichkeit steht Firmen offen, die ihren Server bei einem der etablierten Anbieter kaufen und dazu einen Wartungsvertrag abschließen. Bei einer solchen „Infrastructure as a Service“ bekommt man eine Server- und Speicherlösung auf Cloud-Computing-Basis zu einem festen Monatsbeitrag. Falls eine Komponente ausfällt, kommt jemand vom Service und tauscht das defekte Teil innerhalb weniger Stunden aus.
Mit Managed Services
Für kleinere Unternehmen, die sich keine eigene IT-Abteilung leisten, aber auf gut funktionierende Server angewiesen sind, ist es in vielen Fällen lohend, die Maschinen von Dienstleistern zu mieten bzw. zu leasen und den Service gleich mitzubuchen. Mit solchen Managed Services wird automatisch für sehr gute Verfügbarkeit gesorgt. Und für den Fall, dass ein Preisausschreiben Furore macht, kann die Firma rasch handeln und Kapazitäten aufstocken, weil gute Anbieter auch einen guten Rund-um-die-Uhr-Service bieten.