Zugriff auf reserviertes Eigentum
Von Sabine Wagner
Der Sicherungsübereignungsvertrag ist ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen dem Schuldner („Sicherungsgeber“) und einem Unternehmen als Sicherungsnehmer. In einer solchen schriftlichen Abrede bestimmen beide, welche Forderung gesichert werden sollen und welche Sachen Gegenstand der Übertragung des Eigentums sein sollen. Schließlich legen sie gemeinsam fest, in welchem Rechtsverhältnis und gegebenenfalls zu welchen Konditionen der Schuldner die Sache besitzen soll (z.B. Nießbrauch, Pacht, Miete).
Diese Sicherheit kann durchaus interessant sein, da sie im Außenverhältnis, d.h. gegenüber Dritten, die gleiche Stellung verschafft wie einem Eigentümer. Die Rechte als Sicherungsnehmer sind deshalb stärker als etwa im Fall eines Pfands. Denn ein Pfand verschafft nicht die gleiche Eigentümerstellung im Außenverhältnis.
Herausgabe mit Hindernissen
Nur bei einer Sicherungsübereignung kann man die Herausgabe der Sache verlangen, wenn der Vertragspartner seine Forderung nicht beglichen hat („Verwertungsreife“). Gibt dieser die Sache nicht freiwillig heraus, ist Klage auf Herausgabe geboten. Im schlimmsten Fall nimmt ihm ein Gerichtsvollzieher auf Grund des rechtskräftigen Urteilstitels die Sache weg und übergibt sie.
In die Praxis mischt sich aber oft ein Wermutstropfen: Mitunter dauert es Monate oder – bei einem Ritt durch die Instanzen – sogar Jahre, bis das Unternehmen an sein Geld plus Zinsen kommt. Bis dahin hat es außerdem viele Kosten verauslagt, die allerdings im Rahmen der entsprechenden Gebührenordnungen durch den Schuldner zu ersetzen sind.
Ohne Konkurrenz der Gläubiger
Andererseits hat man durch die Sicherungsübereignung das Sicherungsgut für das eigene Unternehmen reserviert. Das bedeutet: Wollen andere Gläubiger des Schuldners Vollstreckungszugriff auf die bereits übereignete Sache, kann man Drittwiderspruchsklage erheben und verhindern, dass in diesen Gegenstand vollstreckt wird.
Falls über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wird, so hat man gemäß § 51 Nr. 1 Insolvenzordnung das Recht auf gesonderte Befriedigung, d.h. der Gegenstand fällt nicht in die Insolvenzmasse; er ist vielmehr vom Insolvenzverwalter herauszugeben. Dies geschieht erfahrungsgemäß sehr zügig, wenn die Sicherungsübereignung sauber belegbar ist.
Bewegliche Sachen und Warenlager
Für die Sicherungsübereignung geeignet sind grundsätzlich alle beweglichen Sachen und so genannten Sachgesamtheiten, d.h. mehrere bewegliche Sachen, die durch einen gemeinsamen Zweck dergestalt miteinander verbunden sind, dass sie wirtschaftlich eine Einheit bilden (z.B. Lagerbestände gleichartiger Waren). Sie können sich auch Know-how oder gewerbliche Schutzrechte bzw. Anwartschaften aus einem Verkauf von Waren übertragen lassen.
Diese Serie beschreibt die gängigen Arten, Zahlungsausfälle zu vermeiden. Die Systematik beginnt mit den Mitteln, die sich am besten eignen, und endet mit Sicherheitsmaßnahmen, die heutzutage nicht empfehlenswert sind, weil sie zu schwach und in der Handhabung zu aufwendig sind: 1. Akkreditiv, 2. Garantien, 3. Bürgschaft, 4. Schuldbeitritt, 5. Sicherungsübereignung, 6. Gesamtgrundschuld, 7. Grundschuld, 8. Gesamthypothek, 9. Hypothek, 10. Eigentumsvorbehalt, 11. Sicherungsabtretung, 12. Patronatserklärung, 13. Pfandrecht an beweglichen Sachen, 14. Pfandrecht an Rechten. Der Newsletter des MittelstandsWiki informiert Sie, sobald ein neuer Beitrag erscheint.
Zu achten ist darauf, dass der Gegenstand der Sicherungsübereignung im Vertrag präzise beschrieben wird, ansonsten riskiert man die Eigentumsrechte an dem Gegenstand!
Sofern sich ein Unternehmen Teile des Warenlagers als Sicherheit übertragen lässt, sollte im Sicherungsübertragungsvertrag vereinbart werden, dass die Abgänge im Warenlager (wegen Verkaufs) durch Neuzugänge wieder ausgeglichen werden müssen. Das Warenlager muss bezüglich der Sicherheit immer mindestens den gleichen Bestand haben, ganz gleich ob die einzelnen Waren wieder das Lager verlassen oder nicht. Des Weiteren ist bei Waren mit Verfallsdatum zu vereinbaren, dass die Warenbewegung dem sogenannten FIFO-Prinzip (First In, First Out) entsprechen muss. Ein Beispiel: Sofern sich ein Unternehmen zur Sicherheit 1000 t Chemikalien des Produkts XY zur Sicherheit hat übertragen lassen, ist das älteste eingelagerte Produkt zuerst zu entnehmen und durch ein entsprechendes neues Produkt zu ersetzen. Nur so stellt man sicher, dass die Ware optimal verwertbar ist und bleibt.
Fazit: Direkt nutzbar oder geldwert
Wichtig ist bei der Sicherungsübereignung zweierlei: dass der Gegenstand tatsächlich Eigentum des Sicherungsgebers ist und dass der Gegenstand für das eigene Unternehmen entweder einen Wert hat bzw. sich so versilbern lässt, dass das Unternehmen nicht auf der Forderung sitzen bleibt, sobald es tatsächlich auf die Sicherheit zurückgreifen muss.
Mustertexte für einen entsprechenden Vertrag findet man auf Anhieb im Internet. Oft empfiehlt es sich aber, einen maßgeschneiderten Vertrag von einem Rechtsanwalt erstellen zu lassen (auf Stundensatzbasis). Die Kosten sind übersichtlich und das Unternehmen stellt sicher, dass nichts leichtfertig vergessen oder unbesehen akzeptiert wird.
- Wie Grund und Boden als Sicherheiten einer Gesamtgrundschuld zu akzeptieren sind, erläutert der folgende Teil dieser Serie.