Smartwatch: Wie sich das Leben mit Smartwatch verändert

Notebooks, Tablets, Smartphones, Wearables – und bald auch winzige Sensoren von Kopf bis Fuß. Das Internet der Dinge setzt zahllose neue Datenpunkte, die unablässig senden. Wie stark das auf die bestehenden Netze drückt, wird davon abhängen, ob sich die Rundumvernetzung auch tragbar anfühlt.

Es ist 10 Uhr und 68 Kilokalorien

Von Dr. Harald Karcher

Sind Wearables das nächste große Ding? Die Telcos insgesamt fühlen sich gut gewappnet und speziell André Aldejohann, VP Internet & Software Partnerships, Deutsche Telekom AG, zeigte sich auf der 14th Wearable Technologies Conference 2015 Europe zuversichtlich, das sein Haus in der Lage sei, den neuen Markt anzuführen. Aber was, bitte, haben Wearables mit Telekoms zu tun? Dieses: Die vielen Body-Sensoren dürften künftig noch mehr Datenverkehr in die Kommunikationsnetze bringen.

Wir sind leibhaftig in der Cloud

Auf der Wearables-Konferenz Anfang Februar in München führten Dutzende Hersteller aus aller Welt ihre Prototypen vor und suchten Kooperationspartner, Business Angels und Wagniskapitalgeber für ihre Innovationen. Wer dort war, fühlt es schon: Die smarten Watches von Apple, Epson, Fitbit, Huawei, LG, Pebble oder Samsung sind nur der Anfang. Da kommt noch mehr! Herzfrequenzmesser in Büstenhaltern von Victoria’s Secret und winzige Sensoren in Sportsocken von Sensoria, auf der gekrümmten Wirbelsäule, ja am ganzen Körper, sind in Sicht.

Viele davon kommunizieren ständig über BLE (Bluetooth Low Energy) mit dem Smartphone und dieses wiederum über WiFi und LTE mit der Cloud: Die vielen datensammelnden Sensoren heizen den mobilen Traffic an. Kein Wunder also, dass sich die Netzwerkausrüster beim Stichwort „Internet der Dinge“ die Hände reiben. Denn die Daten fließen 24/7 in die Cloud, wenn man die jeweiligen Funktionen nicht ganz bewusst abschaltet.

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Mazen Elbawab, CEO von Heddoko, trägt Sensoren von Kopf bis Fuß, im Unterhemd und in der langen Unterhose. Sie übertragen seine Bewegungen an sein Smartphone, das damit wiederum ein Elbawab-Modell steuert. (Bild: Harald Karcher)

LG G Watch R mit Google-Wear-Software

Der gefühlte Nutzen vieler Wearables steigt mit technischen und optischen Verbesserungen weiter an; die Akzeptanz ebenso. Im November 2014 etwa kam die LG G Watch R in Deutschland zum UVP von 269 Euro in den Handel. Sie sieht ziemlich gut aus, was auch bei einer Google-Uhr nicht ganz nebensächlich ist.

Muss man die haben? Natürlich nicht, aber nie zuvor wurde ich auf irgendein Gadget, auf ein brandneues iPhone oder auf eine andere Uhr häufiger angesprochen, als auf die G Watch R: Im Schnitt etwa fünfmal pro Tag. Es kommen auch immer wieder die gleichen Fragen. Hier sind sie – und die Antworten dazu.

Mit Ausblick auf das Smartphone

„Kannst Du damit auch telefonieren?“
Nein, die Uhr ist quasi nur ein Fenster auf etliche Smartphone-Funktionen. In meinem Fall ist das verkoppelte Handy ein LG G3 mit Android 4.4.2. In der Google Wear App kann ich auf dem Handy anklicken, was ich auf der Uhr so alles sehen möchte und was nicht. Das klappt auch nur, wenn Uhr und Smartphone per Bluetooth miteinander verbunden sind. Dazu dürfen sie nicht weiter als ca. 10 m voneinander entfernt sein. Das ist aber kein Problem, weil ich beide Teile sowieso nah am Körper trage.

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Per Fingertipp auf das Smartphone-Display kann sich der geneigte User viele neue Ziffernblätter auf die Smartwatch einblenden. (Bild: Harald Karcher)

„Was machst Du konkret mit so einer Uhr?“
Ich lasse mir die Uhrzeit anzeigen. Und meinen laufenden Gmail-Eingang, meinen täglichen Google-Kalender samt Terminerinnerungen, Geburtstagen von Freunden und Bekannten, aktuellen Invitations und Kontaktzusagen aus Xing und LinkedIn, das aktuelle Wetter in München oder in der Stadt, in der ich mich gerade aufhalte, sowie die Anzahl meiner Schritte pro Tag.
„Könntest Du dafür nicht gleich das große Smartphone zücken und auf die Smartwatch verzichten?“
Ja, durchaus. Auf dem LG G3 ist das Display ja viel größer und leichter abzulesen. Aber auf die Uhr kann ich auch schnell mal heimlich in einem Meeting einen Blick werfen, ohne dass es gleich so unhöflich wirkt. Wenn ich dann aus dem Augenwinkel eine wichtige E-Mail auf der Uhr bemerke, die vielleicht Antwort verlangt, öffne ich sie auf dem großen Smartphone und nicht auf der kleinen Uhr.

Watch-Vibrationen, alle paar Minuten

„Nervt es dich nicht, wenn pro Tag oft Hunderte von Mails und Meldungen auf dem Smartphone eingehen?“
Doch, manchmal schon. Besonders wenn ich die Vibration auf der Uhr und (!) auf dem Handy aktiviert habe. Dann brummelt es bei jeder Mail und bei jeder Terminmeldung links am Arm und rechts in der Hosentasche. Und das alle paar Minuten.

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Auf dem Smartphone lässt sich auswählen, was die Smartwatch anzeigen soll. Es empfiehlt sich, nur die Funktionen einzublenden, die man auch nutzt. (Bild: Harald Karcher)

„Warum lässt du dich dann trotzdem von den Vibratoren nerven?“
Weil sie manchmal auch Vorteile haben. Kürzlich wollte ich eine Bekannte vom Flughafen abholen. Die Uhr vibrierte und sagte mir, dass die Lufthansa mit 55 Min. Verspätung lande. Das hätte ich ohne die Uhr vermutlich nicht gecheckt und wäre zu früh losgefahren.

Wie spät ist es auf dem Schrittzähler?

„Was ist für dich die wichtigste Funktion auf der schlauen Uhr?“
Ganz klar: die Anzeige der Uhrzeit. Und der eingebaute Schrittzähler. Da habe ich wenigstens ein schlechtes Gewissen, wenn ich als Büromensch nicht mindestens 3000 Schritte am Tag zusammenbekomme.
„Wie lange läuft die Uhr am Stück?“
Ich lege sie jede Nacht sechs bis acht Stunden auf die Ladeschale. Einen langen Tag hält sie bestens durch, zwei Tage aber nicht. Ich habe noch nie erlebt, dass sie am nächsten Tag nicht richtig geladen war.
„Wie findest du das Design der G Watch R?“
Mir gefällt sie gut. Ich wurde auch schon oft von Leuten zwischen 18 und 80 Jahren darauf angesprochen, dass diese Smartwatch relativ gut aussieht, weil sie fast wie eine echte Uhr wirkt. Genauso sehe ich das auch.
„Kannst du dir überhaupt noch ein Leben ohne Smartwatch vorstellen?“
Ja, klar. Ich könnte auch alle paar Minuten mein Handy aus der Hosentasche holen.
Serie: Smarte Technologie
Teil 1 versucht den Hype zu verstehen: Was genau macht Smartphones, Smartwatches und Smart-TVs schlau? Teil 2 erkundigt sich nach dem Datenschutz und warnt davor, dass sich die klugen Helfer selbstständig machen. Teil 3 geht schließlich auf den Markt und sieht sich an, was smarte Produkte bereits können. In einem Extrabeitrag gibt außerdem Dr. Harald Karcher Auskunft, wie ihm die LG G Watch R mit Google-Wear-Software bekommt.

Herzfrequenz und Fitness-Daten

„Hast du keine Bedenken, wenn Google jetzt auch noch Deine Fitnessdaten sekündlich kennt?“
Jein. Ich nehme es billigend in Kauf. Und ich gehe davon aus, dass Google meine Restlebenslaufzeit dank Fitnessdaten besser kennt als ich selber und mir rechtzeitig passende Anzeigen für einen schönen Grabstein schicken wird.
„Bekommst du denn auch Google-Werbung auf die Uhr?“
Nein, bis jetzt habe ich noch keine Werbung auf der Smartwatch bemerkt.
„Was hat die LG G Watch R unter der Haube?“
Eine CPU 1,2 GHz Qualcomm Snapdragon 400; einen Bildschirm 1,3 Zoll (ca. 3,3 cm) P-OLED mit 320 Pixeln im Durchmesser; zwei Speicher 4 GByte eMMC und 512 MByte RAM; einen Akku mit 410 mAh; das Google-Betriebssystem Android Wear, kompatibel mit Smartphones ab Android 4.3; etliche Sensoren wie Gyro, Beschleunigungsmesser, Kompass, Barometer und Herzfrequenzmesser.

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Die smarte Apple Watch gibt es in vielen Varianten von Apple selber sowie in edlen Luxusausführungen von Drittanbietern – etwa die Version in Gold und Brillanten von Goldgenie.com. (Bild: Goldgenie)

Fazit: Was folgt auf die Apple-Uhr?

Im April 2015 kamen die ersten Apple Watches in vielen schönen Varianten auf den Markt. Es ist sehr zu vermuten, dass dies dem Markt für Wearables insgesamt mehr Aufmerksamkeit und Dynamik geben wird. Neben treuen Apple-Fans werden auch andere Fitness- und Gesundheitsbewusste einen genaueren Blick auf das Modell des Leitwolfs im Device-Design werfen.

Je präziser die Wearables die Körperdaten künftig messen, desto mehr könnten sie auch als medizinische Messgeräte relevant werden. Versicherungen interessieren sich bereits für die Gesundheitsdaten der smarten Uhrenträger. Last, but not least hat auch die Deutsche Bank Ende April 2015 schon eine Banking-App für die Apple Watch kommuniziert. Sie ist mit Sicherheit nicht die letzte.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Bei­trag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe „Kom­munika­tion und Netze“ 1/2015. Einen Über­blick mit freien Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

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