Die Prozesse der Dienstleister geraten unter Druck
Von Christoph Witte, Wittcomm
Die insgesamt gute Konjunktur beschert den Dienstleistern im DACH-Raum eine gute Auslastung, belastet damit aber ihre Organisationen. Die Prozesse geraten in Stress. Das macht sich auch in den Resultaten des Business Performance Index bemerkbar: In der 2013er-Befragung der Langzeitstudie des Kasseler Analystenhauses techconsult stuften die Führungskräfte von sieben mittelständischen Servicebranchen ihre Prozessqualität niedriger ein als im Vorjahr.
„Das leichte Absinken der Indizes ist kein Anlass zur Sorge“, betont Peter Burghardt, Managing Director von techconsult. „Die gute Auftragslage und die gute Prognose der Dienstleistungsbranche bis zum Jahresende haben bei vielen Dienstleistern offenbar zu einer hohen Auslastung geführt. Das stresst jeden Prozess und führt auch in den Bereichen IT-Unterstützung und Unternehmenserfolg zu latenter Unzufriedenheit.“
Positiv bewertet Burghardt, dass der sogenannte BPI-Schwellenwert, ab dem die Unternehmen in der Regel eine positive Gewinnentwicklung verzeichnen, mit 63,7 Punkten deutlich unter dem BPI-Durchschnittswert liegt. „Aufgrund dieser Wachstumsmarke können wir damit rechnen, dass sich die Gewinne bei der Mehrheit der Unternehmen positiv entwickeln.“
Der BPI-Schwellenwert bezeichnet die Punktzahl, ab der die Unternehmen einer Branche in der Regel steigende Ergebnisse zu erwarten haben. Liegt der Schwellenwert unter dem BPI-Durchschnitt, geht es der Branche, vereinfacht gesagt, gut. (Bild: techconsult)
Der Performance-Index sinkt um 3,5 %
Insgesamt werden im BPI vier Leistungsindikatoren erhoben. Der BPI selbst, dem die Untersuchung ihren Namen verdankt, misst die Qualität von Prozessausführung und die Prozessrelevanz. Er sank gegenüber dem Vorjahr um 3,5 % auf 66,1 von 100 möglichen Punkten. Der Index für den IT-Unterstützungsgrad erreichte 64,2 Punkte und verlor damit 2,5 %. Er drückt aus, wie zufrieden die Befragten mit der IT-Unterstützung ihrer Kernprozesse sind. Beim Reifegrad innovativer IT-Lösungen wird bewertet, wie intensiv die befragten mittelständischen Dienstleister innovative IT-Lösungen nutzen und wie zufrieden sie mit diesen Lösungen sind. Er fiel um 1,9 % auf 63,1 Punkte. Der Index Unternehmenserfolg schließlich zeigt, wie sich bestimmte branchenspezifische Erfolgskriterien (KPIs) in den vergangenen Jahren entwickelt haben. Er sank ebenfalls um 1,9 % auf 67,6 Punkte.
Während die Indizes im Durchschnitt gegenüber dem Vorjahr leicht verloren, legten die Top-Performer im Vergleich zu 2012 weiter zu. (Bild: techconsult)
Technische Berater schneiden am besten ab
Der BPI umfasst sieben Subbranchen: technische Planung & Beratung, Gastgewerbe, Transport & Logistik, Immobilien, IT-Dienstleister, Forschung & Entwicklung sowie Unternehmensberatung. Genau wie im Vorjahr liegen Unternehmen der technischen Planung und Beratung sowie des Gastgewerbes beim BPI wieder ganz oben. Sie erzielen in fast allen Unternehmensbereichen bessere Werte als der Durchschnitt. Unter dem Schnitt bleiben die Branchen Transport & Logistik, IT-Dienstleister und erstaunlicherweise die Unternehmensberater. F&E-Dienstleister und Firmen der Immobilienbranche bilden die Schlusslichter.
Jeder Mittelständler kann den BPI für sein Unternehmen als Benchmark-Werkzeug nutzen. Dazu muss man lediglich den Fragebogen unter www.business-performance-index.de ausfüllen. Die Antworten werden ausgewertet und zeigen, wo das Unternehmen im Vergleich zum unmittelbaren Wettbewerb (Branche, Subbranche, Größenklasse) steht. Damit lassen sich eigene Stärken und Schwächen analysieren. Die Unternehmensdaten bleiben selbstverständlich anonym.
Eingehende Einzeldarstellungen gibt es im MittelstandsWiki zu den folgenden Ausgaben:
- BPI Fertigung 2012
- BPI Dienstleistung 2012
- BPI Handel 2012
- BPI Gesamtbericht 2012
- BPI Fertigung 2013
- BPI Dienstleistung 2013
Weitere Informationen zum BPI insgesamt und zu den Einzelberichten BPI Fertigung, BPI-Dienstleistung und BPI-Handel findet man unter www.business-performance-index.de. Dort stehen alle Berichte auch zum kostenfreien Download bereit.
Zwischen Spitze und Schluss liegen Welten
Als fast dramatisch muss man wohl das Abschneiden der sogenannten Last 3 in den Subbranchen bezeichnen. Ist ihr Abstand zum Durchschnitt schon beträchtlich, so liegen zwischen Top 3 und Last 3 regelrecht Welten. Bei den IT-Dienstleistern z.B. liegen die letzten Drei über ein Drittel unter den Durchschnittswerten, gegenüber den Besten ihrer Subbranche fallen sie um mehr als die Hälfte zurück.
Nur in der Subbranche Forschung und Entwicklung ist eine gegenläufige Tendenz festzustellen. So liegen die Top-3-Unternehmen nur 6 bis 13 Punkte über dem Gesamtdurchschnitt. Ebenso verlieren auch die Last 3 nicht vollständig den Anschluss und liegen bei fast allen Performance-Indikatoren über 50 Punkten.
Teil 1 beobachtet, dass die Auftragslage die Prozesse der Branche an die Leistungsgrenzen treibt. Das sorgt für Unzufriedenheit. Teil 2 verfolgt die Auswirkungen von Trendthemen wie BYO, Cloud oder Mobile und betrachtet die Befunde im Ländervergleich: An der Spitze steht diesmal Österreich. Teil 3 schlüsselt die BPI-Ergebnisse nach Subbranchen auf. Neben der technischen Planung und Beratung ist das Gastgewerbe wieder ganz vorne dabei.
Während die Top 10 im letzten Jahr beim BPI um 22 Punkte besser waren als der Durchschnitt, schnitten sie 2013 gleich um 29 Punkte besser ab. (Bild: techconsult)
Prozessprobleme ziehen das Feld auseinander
Das Absinken der Indizes bereitet den Studienautoren angesichts der guten wirtschaftlichen Prognose zwar keine Sorge, aber der immer größer werdende Abstand zwischen dem Durchschnitt und der Spitzengruppe der Branche schon. Während die Top 10 im letzten Jahr um 22 Punkte besser waren als der Durchschnitt, schnitten sie 2013 um 29 Punkte besser ab.
Das macht sie nicht nur um 44 % performanter, sondern zeigt auch, dass sie sich gegen den Trend entwickeln: Während der Durchschnitt beim BPI und den anderen Indizes verlor, gewann die Spitzengruppe Punkte hinzu. „Dieser Trend, den wir auch schon im BPI zur mittelständischen Fertigungsindustrie feststellen konnten, ist bedenklich. Schließlich bedeutet er, dass ein Großteil der mittelständischen Unternehmen Probleme in ihren Prozessen hat. Denn lässt man die kleine Elite außer Acht, liegt die Performance im Durchschnitt noch deutlich niedriger“, befürchtet Henrik Groß, Studienleiter und Analyst bei techconsult.
- Teil 2 dieser Serie achtet darauf, wie sich aktuelle Trends in den BPI-Ergebnissen 2013 der Dienstleister niederschlagen, und erklärt, warum im Ländervergleich diesmal Österreich obenauf ist.