Der industrielle Mittelstand setzt auf Outsourcing
Von Christoph Witte, Wittcomm
Der Business Performance Index Mittelstand Fertigung 2012 von techconsult fragte u.a. nach der Auslagerungsquote mittelständischer Fertiger. Der Studie zufolge lagern 30,7 % Unternehmensfunktionen ganz oder teilweise aus. Außerdem verbessern gerade mittelgroße Unternehmen die IT-Unterstützung ihrer Prozesse deutlich und entdecken die Vorzüge zentral verwalteter mobiler Geräte.
Die Outsourcing-Quote der Unternehmen nahm dem Business Performance Index zufolge im vergangenen Jahr durchschnittlich um 4,6 % auf 30,7 % zu. Dabei liegt die diskrete Fertigung mit 31 % rund 4 % über der Quote in der Prozessindustrie. Innerhalb der diskreten Fertigung ist der Maschinen- und Anlagenbau mit einer Quote von 40 % Spitzenreiter im Subbranchenvergleich. Die geringsten Werte verzeichnen Unternehmen in der Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren. In der Prozessindustrie dominieren Unternehmen der Kosmetikbranche mit 40 % die Outsourcing-Rangliste. Dagegen setzt in der Nahrungsmittelbranche gerade einmal jedes fünfte Unternehmen auf die Auslagerung von Unternehmensbereichen.
Gedehnte Wertschöpfungsketten
Doch nicht nur in den verschiedenen Subbranchen der Fertigungsindustrie, sondern auch in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen ergeben sich differenzierte Outsourcing-Anteile.
So lagern die diskreten Fertiger Produktionsschritte zu 24 % aus, die Prozessfertiger dagegen nur zu 18 %. Sie weisen dafür im Qualitätsmanagement mit 21 % ihre höchste Quote aus. In den anderen Funktionsbereichen unterscheiden sich die beiden Fertigungsarten nicht sonderlich stark.
Die überraschend hohe Outsourcing-Quote kommentiert Studienleiter Heiko Henkes folgendermaßen:
- „Auch Mittelständler können und wollen sich der weiter zunehmenden Arbeitsteilung und der Zerschlagung der Wertschöpfungsketten nicht mehr entziehen. Exemplarisch sieht man das am Fahrzeugbau. Hier liegt die Outsourcing-Quote mit 35 % im Bereich Produktion am höchsten. Die Autohersteller selbst leben das so vor und verlangen ähnliche Strategien von ihren Zulieferern.“
Die Outsourcing-Quote der Unternehmen nahm durchschnittlich um 4,6 % auf 30,7 % zu. Dabei liegt die diskrete Fertigung mit 31 % rund 4 % über der Quote in der Prozessindustrie. (Bild: techconsult)
IT-Unterstützung nach Größe
Die immer größere Arbeitsteilung und die steigenden Anforderungen der Kunden machen auch eine immer bessere IT-Unterstützung der verschiedenen Business-Prozesse im fertigenden Mittelstand nötig.
IT-Unterstützungsgrad nach Größe (Bild: techconsult)
Diese Botschaft haben sich die Unternehmen offenbar zu Herzen genommen. Zwar hat sich der Index IT-Unterstützungsgrad zwischen 2011 und 2012 insgesamt nicht erhöht, aber laut BPI haben v.a. die diskreten Fertiger zwischen 500 und 999 Mitarbeitern in IT investiert und diesen Wert um 8 % gesteigert auf überdurchschnittliche 73 Indexpunkte. Dazu noch einmal Henkes:
- „Die Unternehmen dieser Größenordnung haben sich nicht nur hier verbessert, sondern auch in einigen anderen Bereichen. Ich sehe diese Steigerungsraten als eine deutliche Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit in diesem Unternehmenssegment.“
Mehr als 20 % der Mitarbeiter nutzen einen Laptop, der auch zentral durch die Unternehmens-IT verwaltet wird. (Bild: techconsult)
Mobility-Strategie 2012
Im diesjährigen BPI Fertigung wurde zum ersten Mal auch nach der Mobility-Strategie gefragt. Das Ergebnis: Es nutzen mehr als 20 % der Mitarbeiter einen Laptop, der auch zentral durch die Unternehmens-IT verwaltet wird. Die Smartphone-Nutzung ist ebenfalls mit knapp 20 % hoch. Gut Zwei Drittel dieser Geräte werden ebenfalls zentral gemanagt.
Der Durchdringungsgrad von Tablets und Slates ist mit 2,5 % dagegen noch gering. Auch hiervon werden 55 % zentral verwaltet, aber weil wahrscheinlich viele Mitarbeitende ihre privaten Geräte im Unternehmen nutzen, ist der Grad an zentralem Management deutlich geringer als bei den anderen mobilen Gerätetypen.
Teil 1 betrachtet die wichtigesten Ergebnisse im Vergleich und erkundigt sich nach der jeweiligen IT-Unterstützung. Teil 2 geht ins Detail, interessiert sich für Outsourcing oder Mobility und unternimmt einen vorsichtigen Ländervergleich.
Kleine Unternehmen bleiben beweglich
Im Vergleich mit der Prozessindustrie schneidet die diskrete Fertigung mit 72 Indexpunkten um einen Punkt besser ab. In beiden Bereichen erwiesen sich wiederum die Unternehmen mit 500 bis 999 Mitarbeitern als leistungsstärker als die Unternehmen des gehobenen Mittelstands mit über 1000 Mitarbeitern. Fertiger mit bis zu 999 Angestellten erreichen im diskreten Sektor einen BPI von 76 und im Prozessbereich einen BPI von 73. Die Unternehmen ab 1000 Mitarbeiter müssen sich dagegen im Sektor diskrete Fertigung mit 73 Punkten und im Bereich der Prozessfertiger sogar nur mit 68 Punkten begnügen. Peter Burghardt, General Manager von techconsult kommentiert das Ergebnis:
- „Der gehobene Mittelstand benötigt bereits Strukturen wie ein Großunternehmen, allerdings beherrscht er sie offenbar nicht so gut wie diese. Die mittelgroßen Mittelständler profitieren dagegen von den traditionell schlanken mittelständischen Management-Strukturen.“
Jeder Mittelständler kann den BPI für sein Unternehmen als Benchmark-Werkzeug nutzen. Dazu muss man lediglich den Fragebogen unter www.business-performance-index.de ausfüllen. Die Antworten werden ausgewertet und zeigen, wo das Unternehmen im Vergleich zum unmittelbaren Wettbewerb (Branche, Subbranche, Größenklasse) steht. Damit lassen sich eigene Stärken und Schwächen analysieren. Die Unternehmensdaten bleiben selbstverständlich anonym.
Eingehende Einzeldarstellungen gibt es im MittelstandsWiki zu den folgenden Ausgaben:
- BPI Fertigung 2012
- BPI Dienstleistung 2012
- BPI Handel 2012
- BPI Gesamtbericht 2012
- BPI Fertigung 2013
- BPI Dienstleistung 2013
Weitere Informationen zum BPI insgesamt und zu den Einzelberichten BPI Fertigung, BPI-Dienstleistung und BPI-Handel findet man unter www.business-performance-index.de. Dort stehen alle Berichte auch zum kostenfreien Download bereit.
Österreich hat IT-Nachholbedarf
Im Ländervergleich schneiden die deutschen Mittelständler in diesem Jahr besser ab als 2011: Sie sind näher an die Schweizer herangerückt und in allen Indizes deutlich besser geworden als österreichische Firmen.
DACH im BPI-Ländervergleich (Bild: techconsult)
Allerdings ist die Aussagekraft aufgrund der vergleichsweise geringen Befragtenbasis in Österreich und der Schweiz nicht repräsentativ und deshalb mit Vorsicht zu genießen. „Die Zahlen sind als Trend zu verstehen“, erklärt Studienleiter Heiko Henkes. Vor allem der mit 61 Punkten gegenüber den Schweizern (68) und gegenüber den Deutschen (68) schwache Grad an IT-Unterstützung fällt im Ländervergleich auf. „Das weist darauf hin, dass sich die befragten Unternehmen in Österreich offenbar höhere Anforderungen an ihre IT haben, als sie zurzeit erfüllt,“ erklärt Henkes weiter.
Fazit: Schneller analysieren, besser entscheiden,
Die größten Herausforderungen findet die Fertigungsindustrie in den Themen Kosten senken/Effizienz steigern, Personalakquisition sowie Kundenbindung. Die Verbesserung der IT-Unterstützung ist vornehmlich in der Prozessfertigung eine große Herausforderung – insbesondere der gezielte und bedarfsorientierte Zugriff auf Unternehmenskennzahlen zur Beschleunigung und Verbesserung von Entscheidungsprozessen wird eine herausragende Bedeutung zugeschrieben.
Nützliche Links
Weitere Informationen finden Sie unter www.business-performance-index.de, wo es den Kurzbericht BPI-Kurzbericht Mittelstand Fertigung D/A/CH 2012 kostenfrei als PDF zum Herunterladen gibt.