Der Handel nimmt die IT ernster
Von Christoph Witte, Wittcomm
Die 2. Auflage des Business Performance Index Mittelstand Handel zeigt eine von niedrigem Niveau ausgehende, leicht verbesserte IT-Unterstützung in Handelsunternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch die Zufriedenheit mit innovativen IT-Lösungen hat den Studienautoren von techconsult zufolge innerhalb der Branche zugenommen. Mobile Devices und SaaS-Angebote werden ebenfalls stärker genutzt als 2011.
Neben dem Hauptindex (Business Performance Index) den der erste Teil der Berichterstattung zu dieser Studie ausführlich erläutert hat, geht das Analystenhaus aus Kassel auch der Frage nach, wie gut der Handel seine Prozesse mit IT unterstützt. Außerdem bewerteten die befragten Führungskräfte aus dem Handel die Eignung innovativer IT-Lösungen für ihre Unternehmen.
Große Unterschiede in den Segmenten
Was die IT-Unterstützung betrifft, hat sich der Handel im Jahresvergleich verbessert. Der Index stieg um 2,3 % auf 62,4 Punkte. Gegenüber den Branchen Fertigung (67) und Dienstleistungen (66) ist das zwar immer noch ein niedriger Wert, aber Dank des Anstiegs gibt er Anlass zu Optimismus.
Dabei liegen Groß- und Einzelhandel fast gleichauf, weisen in den Subbranchen allerdings erhebliche Unterschiede auf: So sind die Konsumgütergroßhändler mit einem IT-Unterstützungsgrad von knapp 67 % im Grosso am besten und die Händler landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit 52 Punkten am schlechtesten (siehe Grafik). Im Einzelhandel schneiden die Non-Food-Händler mit gut 66 Punkten am besten ab. Allerdings verdirbt das Segment Fashion mit nur 58 Punkten leicht den Schnitt.
Im Großhandel steht die Subbranche Konsumgüter auch in Sachen IT-Unterstützung gut da und toppt den Durchschnitt um mehr als 4 Punkte. (Bild: techconsult)
Spannend ist natürlich die Frage nach dem am besten IT-gestützten Bereich/Prozess im Handel. Auch hier gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Groß- und Einzelhandel. Während im Grosso die Unterstützungsprozesse HR, Finanzen/Controlling und Logistik die stärkste IT-Hilfe erfahren und der Verkauf seltsamerweise die wenigste, belegen im Einzelhandel Verkauf, Marketing und Logistik die ersten Plätze. Doch hier wird – nicht weniger tragisch – der Einkauf am schlechtesten mit IT unterstützt.
Mit innovativen IT-Lösungen zufriedener
Beim Reifegrad innovativer IT-Lösungen verbesserte sich der Handel im Jahresvergleich um knapp 7 % auf 60,8 Indexpunkte. Dabei lag der Großhandel mit 61,3 Punkten nur marginal über dem Einzelhandel.
Jeder Mittelständler kann den BPI für sein Unternehmen als Benchmark-Werkzeug nutzen. Dazu muss man lediglich den Fragebogen unter www.business-performance-index.de ausfüllen. Die Antworten werden ausgewertet und zeigen, wo das Unternehmen im Vergleich zum unmittelbaren Wettbewerb (Branche, Subbranche, Größenklasse) steht. Damit lassen sich eigene Stärken und Schwächen analysieren. Die Unternehmensdaten bleiben selbstverständlich anonym.
Eingehende Einzeldarstellungen gibt es im MittelstandsWiki zu den folgenden Ausgaben:
- BPI Fertigung 2012
- BPI Dienstleistung 2012
- BPI Handel 2012
- BPI Gesamtbericht 2012
- BPI Fertigung 2013
- BPI Dienstleistung 2013
Weitere Informationen zum BPI insgesamt und zu den Einzelberichten BPI Fertigung, BPI-Dienstleistung und BPI-Handel findet man unter www.business-performance-index.de. Dort stehen alle Berichte auch zum kostenfreien Download bereit.
Ähnlich wie bei der IT-Unterstützung weist auch der Reifegrad in den verschiedenen Subsegmenten große Unterschiede auf. Bei den Großhändlern liegen auch bei diesem Index die Konsumgüter auf Platz 1, gefolgt vom Maschinenhandel. Die Rohstoffhändler bilden das Schlusslicht. In den Bereichen Finanzen/Controlling (62,8 Punkte) und bei den Mehrwertdienstleistungen (62,2) attestieren die Befragten den modernen IT-Lösungen den höchsten Reifegrad. Das hintere Ende bilden Personalwesen sowie Marketing, das nur auf knapp 56 Punkte kommt. Mit Abstand den niedrigsten Reifegrad erreicht der Bereich Personalwesen im Segment Rohstoffhandel. Er liegt bei mickrigen 38 Punkten.
Im Einzelhandel scheinen die Non-Food-Händler von ihren innovativen IT-Lösungen am stärksten überzeugt zu sein (62,8), gefolgt von Fashion, Waren aller Art und Food. Hier vergeben die Befragten nur 55,8 Punkte. Auch der Einzelhandel kommt mit Innovationen im Bereich Finanzen/Controlling am besten zurecht und mit innovativen Lösungen im Marketing am schlechtesten.
In Sachen Reifegrad innovativer IT-Lösungen belegt der Non-Food-Einzelhandel nicht nur den 1. Platz, sondern hat mit 17,8 % auch am stärksten zugelegt. (Bild: techconsult)
Je nach Unternehmensbereich fragten die techconsult-Analysten nach verschiedenen modernen IT-Lösungen: z.B. im Controlling nach integrierten Echtzeitanalysen oder beim Einkauf nach Online-Auktionen sowie im Marketing nach der Integration von Social Media. Heiko Henkes, Studienleiter und Analyst Manager von techconsult, erklärt den Gesamtzuwachs von 7 % im Handelsbereich auch damit „dass wir in diesem Jahr nach den gleichen Lösungsansätzen gefragt haben wie 2011. Somit geht es zwar nach wie vor um innovative Lösungen, aber nicht um gänzlich neue Ansätze, so dass inzwischen schon mehr gute Erfahrungen mit diesen Lösungen vorliegen.“
Teil 1 konstatiert eine Prozessqualität auf minderem bis mittlerem Niveau und zeigt signifikante Unterschiede in den Ergebnissen auf. Teil 2 fast die Resultate von IT-Unterstützung, Mobile Devices, SaaS und Prozess-Outsourcing zusammen. Teil 3 untersucht schließlich den Prozesserfolg näher und sieht nach, ob und wo die Verantwortlichen ihre gesteckten Kennzahlen erreichen.
Die SaaS-Quote steigt auf 29,5 %
Neben den vier Indizes fragte techconsult die Handelsunternehmen auch nach der Nutzung von Software as a Service (SaaS), ihrer Outsourcing-Quote, dem Einsatz und Management mobiler Devices und last, but not least nach den wichtigsten Herausforderungen, denen sie sich in den kommenden Monaten gegenübersehen.
Fast 30 % der Händler nutzen bereits Software as a Service. Das ist offensichtlich keine Nische mehr. (Bild: techconsult)
Demnach hat der Einsatz von SaaS durchschnittlich um 7,6 Prozentpunkte auf 29,5 % zugenommen. Dabei nutzt der Großhandel dieses Instrument der Softwarenutzung mit 32,5 % deutlich stärker als der Einzelhandel mit 26,1 %.
Die von techconsult ebenfalls ausgewiesene Outsourcing-Quote bezieht sich nicht auf das klassische IT-Outsourcing, sondern auf die Auslagerung von Business-Prozessen oder Teilprozessen. Sie hat sich gegenüber 2011 nur marginal auf 42,3 % erhöht.
Smartphones nutzen 33 % der Mitarbeiter
Dem Trend zu mobilen Devices können sich auch die Handelsunternehmen nicht entziehen. So nutzen inzwischen fast 33 % der Mitarbeiter Smartphones und gut 30 % Laptops. Tablets sind erst bei knapp 12 % der Mitarbeiter im Einsatz. Ultrabooks haben sich dagegen mit 5,4 % in der Belegschaft noch nicht durchgesetzt.
Zu hohe Kosten und zu wenig Personal – das sind die beiden größten Herausforderungen des Handels. (Bild: techconsult)
Als wichtigste Herausforderungen sehen die Handelsunternehmen die Themen Kosten senken, Fachpersonal gewinnen sowie mit den steigenden Liefer- und Einkaufspreisen zurechtkommen. „Letzteres dürfte den Bedarf an verbesserten Einkaufsprozessen erhöhen, die in dieser Untersuchung die schlechteste Performance aufweisen“, erklärt Henkes.
- Der abschließende Teil 3 dieser Serie nimmt die Key Performance Indicators unter die Lupe und sieht sich Unternehmens- bzw. Prozesserfolg näher an.
Nützliche Links
Weitere Informationen finden Sie unter www.business-performance-index.de, wo es den BPI-Kurzbericht Mittelstand Handel 2012 kostenfrei als PDF zum Herunterladen gibt.
Über den Handelsreport hinaus stehen für die mittelständische Fertigungsindustrie und die Dienstleistungsbranche ebenfalls Branchenberichte auf dem BPI-Internet-Portal zum Download bereit. Zur CeBIT 2013 erscheint außerdem ein Gesamtreport zum Business Performance Index, der die Leistungsfähigkeit mittelständischer Unternehmen über die Branchen Fertigung, Dienstleistung und Handel hinweg analysiert.
Neben den Branchenreports bietet techconsult Unternehmen ferner die Möglichkeit, sich selbst auf die genannten Leistungsindikatoren zu prüfen und die eigenen Ergebnisse mit ähnlichen Unternehmen aus der gleichen Branche zu vergleichen. Interessierte Unternehmer können über die BPI-Webseite direkt am Performance-Check teilnehmen.
Ziel dieser langfristig angelegten Studie, ist es, den Teilnehmern ein Werkzeug zur gezielten Geschäftsoptimierung an die Hand zu geben. Im individuellen Wettbewerbsvergleich sowohl für Unternehmens- bzw. Funktionsbereiche als auch auf Prozessebene wird der Status quo erfasst, es werden Stärken und Schwächen aufgedeckt und so schließlich Optimierungspotenziale identifizierbar.
Gesponsert wird die techconsult Studie von den Unternehmen SAP und marcom source; itelligence, TDS, INFO AG, cormeta, TRIAS, trovarit, Sycor und proaxia unterstützen ebenfalls. Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft fördert die Untersuchung ideell.