Prozesse bekommen die Konjunktur zu spüren
Von Henrik Groß, techconsult
Nach leichten Performance-Steigerungen im Jahr 2012 setzt der Business Performance Index (BPI) der Fertigungsbranche mit einem Verlust von 5 % auf 66,1 von 100 Punkten die 2013 begonnene Talfahrt weiter fort. Diese Entwicklung führen Analysten und Branchenexperten des Kasseler Analystenhauses techconsult hauptsächlich auf die gute Konjunktur und die damit verbundene hohe Auslastung zurück.
Österreich legt deutlich zu
Einbußen um bis zu 2,2 Punkte gegenüber dem Vorjahr verzeichnen laut Expertenbericht BPI Mittelstand Fertigung 2014 auch die Werte für die IT-Unterstützung, den Einsatz innovativer IT-Lösungen und das Prozessergebnis. Während deutsche Fertigungsunternehmen pro Performance-Indikator bis zu fünf Punkte verloren, legten die Schweizer um bis zu fünf Punkte zu. Die Österreicher machten mit bis zu neuen Punkten pro Indikator im Vergleich zum Vorjahr am meisten Boden gut.
Bei allen Unterschieden im Ländervergleich ist der DACH-Region eines gemeinsam: Überall war ein Umsatzanstieg pro Mitarbeiter zu verzeichnen. (Bild: techconsult)
„Wir vermuten, dass die anhaltend positive Konjunktur auch eine Schattenseite hat: In Zeiten voller Auftragsbücher und hoher Prozessauslastung stechen die Grenzen bei der Umsetzung relevanter Prozesse umso stärker ins Auge. Unternehmen bewerten die Performance entsprechend streng und damit schlechter. Außerdem fehlt die Zeit, sich mit der dringend notwendigen Prozessoptimierung zu beschäftigen“, kommentiert Peter Burghardt, Geschäftsführer techconsult, die sinkenden Werte.
Entscheidend für die Bewertung ist insbesondere die Relevanz des individuellen Prozesses, ausgedrückt im BPI. Dieser gibt mittelständischen Unternehmen einen Überblick über die Leistungsfähigkeit ihrer Abläufe (auch im Vergleich zum Wettbewerb) und zeigt Handlungsfelder auf. Als schlecht bewerten die Studienteilnehmer 2014 vor allem die Prozesse in den Unternehmensbereichen Marketing, Verkauf und Produktion, mit besonderem Fokus auf der Produktentwicklung; sie müssen diese leistungsfähiger gestalten, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Verlierer sind Chemie und Fahrzeugbau
Zu den Sorgenkindern zählt 2014 die Chemiebranche mit einem Verlust bei der Gesamtperformance von mehr als 10 %. Mögliche Ursache hierfür ist der im Rahmen der europäischen REACH-Verordnung steigende Aufwand für die Zulassung von Stoffen sowie für die Dokumentation der Vorgänge. Auch der Fahrzeugbau inklusive Zuliefererunternehmen stößt mit einer Schwächung des BPI um -8,8 % an seine Grenzen und muss erkennen, dass man mit dieser Prozessqualität nicht einfach weitermachen kann.
Mustergültiges Beispiel für die erfolgreiche Auseinandersetzung mit Unternehmensabläufen ist die Nahrungsmittelindustrie. Sie stellte 2013 ihre Prozesse auf den Prüfstand und kann aktuell erfreuliche Performance-Steigerungen in Marketing, Verkauf, Produktentwicklung und Personalwesen verzeichnen. „Nach dem im vergangenen Jahr festgestellten Einbruch der Leistungsfähigkeit ist der Aufholwunsch gegenüber den Vergleichsbranchen nach wie vor gegeben, und es wird weiter in verbesserte Prozesse investiert“, erläutert Dr. Karsten Sontow, Trovarit AG.
Industrie 4.0? Dem BPI Fertigung 2014 zufolge können immer noch 64,2 % mit dem Begriff nichts anfangen. (Bild: techconsult)
Die Zeichen der Zeit haben auch Maschinen- und Anlagenbau erkannt. Wenngleich nach wie vor 56 % der Unternehmen mit dem Begriff und den Vorteilen von Industrie 4.0 noch nicht vertraut sind, so haben doch viele größere mittelständische Unternehmen die umfassende Vernetzung der Maschinen vorangetrieben und profitieren bereits von den Mehrwerten digitalisierter Produktion.
Fazit: Schnelle Märkte brauchen glatte Abläufe
Zu den aktuellen Herausforderungen zählen mittelständische Fertigungsunternehmen laut Expertenbericht neben Kostensenkungen nach wie vor den Kampf um Marktanteile und neue Märkte sowie großen Zeitdruck und die Schnelllebigkeit der Produkte. Das Thema [Datenschutz] rückten trotz NSA-Skandal nur wenige Unternehmen in den Mittelpunkt.
Fertiger bewerten ihre Prozesse deutlich schlechter. Ein möglicher Grund: In Zeiten hoher Auslastung sind Mängel empfindlich spürbar; zugleich fehlt die Zeit, sich mit der dringend notwendigen Prozessoptimierung zu beschäftigen. (Bild: techconsult)
Am BPI Mittelstand Fertigung 2014 beteiligten sich mit 1057 Unternehmen knapp 15 % mehr als im Vorjahr. Befragt wurden in erster Linie Geschäftsführer und Fachbereichsleiter. Der BPI wird unterstützt von SAP, marcom source, itelligence, proaxia consulting, trovarit, der QSC AG, der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Swisscom IT Services, dem FIR an der RWTH Aachen, dem Bundesverband mittelständische Wirtschaft sowie weiteren Partnern aus der ITK-Branche.
Nützliche Links
Weitere Informationen hierzu gibt es unter www.business-performance-index.de. Das Management Summary gibt es bei techconsult kostenfrei als PDF zum Herunterladen.