Cloud-Anbieter müssen Klartext reden
Von Max Schulze, techconsult
Mit dem IT-Cloud-Index präsentiert techconsult eine Langzeituntersuchung zum Stellenwert von Cloud Computing in mittelständischen Anwenderunternehmen. In der vierten Welle der quartalsweise durchgeführten Befragung unter Business- und IT-Verantwortlichen im deutschen Mittelstand konnte die Komplexität der Technologie in Bezug auf die vielschichtigen Verantwortlichkeiten ermittelt werden. Die Ergebnisse belegen eindrucksvoll, warum gerade im deutschen Mittelstand nach wie vor große Vorbehalte gegenüber der im Enterprise-Segment bereits etablierten Cloud-Technologie bestehen.
Die Hauptgründe sind bis heute: Unwissenheit bei den Anwenderunternehmen und mangelnde Transparenz bei den Cloud-Anbietern. Das erschwert nachhaltig den Zugang des deutschen Mittelstands zur Cloud-Technologie. In Anbetracht dieser Hemmnisse verwundert auch nicht, dass sich der Trend zu Social Business noch nicht als standardisierte Lösung durchsetzen konnte. Die Mehrheit der befragten Anwenderunternehmen im Mittelstand kann darin schlicht noch keinen direkten Mehrwert erkennen. Auch in diesem Punkt müssen Cloud-Service-Anbieter noch einmal aktiv werden.
Die Verantwortung liegt auf beiden Seiten
Im vierten Quartal 2013 sehen rund 49 % der 200 befragten mittelständischen Unternehmen die Verantwortung für Cloud-Services generell beim Anbieter. Dieses Ergebnis macht deutlich, wie weit der Weg noch ist, bevor sich der Mittelstand mit diesen Diensten strategisch neu ausrichten kann – gerade im IaaS (Infrastructure as a Service) und PaaS-Bereich (Platform as a Service).
Denn Skalierbarkeit und konstante Verfügbarkeit von Cloud-Services erfordern zwangsläufig ein Bewusstsein dafür, wie eine Applikation gebaut sein muss, die später auf einer virtuellen Infrastruktur bei einem Cloud-Anbieter laufen soll. Möchte ein Anwenderunternehmen PaaS oder IaaS nutzen, bringt dies also eine enorme Eigenverantwortung mit sich. Die reine Inanspruchnahme von Speicherplatz, virtuellen Servern und dazugehörigen Schnittstellen bildet noch lange keinen funktionierenden Cloud-Service, sondern stellt den Kunden nur die Mittel zur Verfügung, um ein virtuelles Rechenzentrum zu realisieren.
Nur 37 % teilen die realistische Einschätzung, dass zur Cloud beiderseitige Verantwortung gehört. An den 49 %, die allein den Provider in die Pflicht nehmen, müssen die Anbieter noch arbeiten. (Bild: techconsult)
Was viele Cloud-Anbieter verschweigen, ist die Tatsache, dass der Kunde in der Verantwortung steht: Er muss seine Anwendung Cloud-tauglich zur Verfügung zu stellen, bevor er sie mit einem Cloud-Service in Verbindung bringt. Der Softwareentwickler muss eventuelle Probleme berücksichtigen, die z.B. bei IaaS auftreten können. Bei einem Ausfall der Cloud-Infrastruktur ist es außerdem nötig, dass die Anwendung selbstständig den Notfall erkennt, sofort Maßnahmen ergreift und auf eine Ersatzinfrastruktur umschaltet, die der Cloud-Anbieter zur Verfügung stellt.
Demnach liegt auch die Verantwortung für die Ausfallsicherheit sowohl auf der Seite der Anbieter (Hardware) als auch auf der Seite der Anwenderunternehmen (Software). Diese ganzheitliche Betrachtung ist für einen hochverfügbaren Cloud-Service entscheidend – und letztendlich auch für eine realistische Erfolgseinschätzung der Anwenderunternehmen.
Im Umkehrschluss bedeutet das Befragungsergebnis jedoch auch, dass Cloud-Anbieter ihren potenziellen Kunden viel intensiver die strategischen Wege aufzeigen müssen, die zum Erfolg in der Cloud führen. Die stets angepriesenen Kostenvorteile und Flexibilitätsgewinne von Cloud-Services wurden in den vergangenen Jahren hinreichend belegt und leisten gerade im Enterprise-Segment Ihren Beitrag zum Geschäftserfolg der Anwenderunternehmen.
Allerdings benötigt ein umfangreicher Cloud-Service eben auch immer eine darauf abgestimmte Architektur, die der Kunde erbringen muss. Cloud-Provider sollten diese Bedingungen offensiv kommunizieren und zugleich beratend tätig werden, um auch die Zielgruppe Mittelstand langfristig von den Vorteilen der Cloud zu überzeugen.
Neben der Veröffentlichung der aktuellen Studienergebnisse findet sich auf dem Cloud-Portal www.it-cloud-index.de ein Online-Benchmark-System für Anwenderunternehmen. Nach der Teilnahme erhalten Unternehmen auf sechs bis acht Seiten einen direkten Vergleich ihrer Cloud-Computing-Strategie und der wichtigsten Indikatoren ihres Unternehmens mit denen ihrer Mitbewerber in derselben Branche und Größenklasse. Der IT-Cloud-Index fungiert somit als Gradmesser für die Etablierung von Cloud Computing im deutschen Mittelstand und ermöglicht es Anwenderunternehmen, im zeitlichen Verlauf mögliche Trendlinien und Tendenzen abzulesen. Die Teilnahme ist kostenlos und steht jedem mittelständischen Anwenderunternehmen zur Verfügung.
Social Business braucht klare Nutzenbewertung
Der Einsatz von Social Business Services auf Cloud-Basis trifft bisher noch nicht auf die Akzeptanz, die ihnen eigentlich zustünde. So wollten jeweils nur 13 bis 20 % der befragten Unternehmen Mehrwerte in der Verwendung von Social Business aus der Cloud erkennen. Die Mehrheit von 62 % sieht hier grundsätzlich keine Erfolgsfaktoren für ihr Unternehmen.
Gründe, die gegen den Einsatz von Social Business Services sprechen, können gerade im Mittelstand bei den relativ hohen Aufwendungen liegen, die nötig sind, um diese Services effektiv und erfolgreich einzusetzen. Solche Services, ob in der Cloud oder on premises, müssen von der Gesamtheit des Unternehmens gelebt werden, was eine immense Herausforderung für die Anwenderunternehmen bedeutet.
Social wie, bitte? 62 % sagen Social Business Services praktisch nichts; einen Grund für ihre Ablehnung können allenfalls 16 % angeben. Einen konkreten Nutzen erkennen höchstens 20 %. (Bild: techconsult)
Der Einsatz kann sich jedoch sehr lohnen, stellen doch gerade Cloud-basierte Social Business Services eine Vielzahl von Erleichterungen im Unternehmensalltag bereit. Das Portfolio ist dabei breit gefächert: Zentrale Dateifreigaben und Benutzerprofile, standortunabhängige E-Mail- und Kalenderfunktionen sowie schnelle Kommunikationstools wie Communities, Instant Messaging und Web Meetings stehen für eine grenzüberschreitende Kommunikation zwischen Mitarbeitern innerhalb und außerhalb der Organisation.
Die Vorteile, die Anwenderunternehmen aus diesen Tools ziehen können, bergen ein großes Potenzial. Mitarbeiter können hierarchieübergreifend starke Verbindungen zueinander aufbauen, die in dieser Form sonst nicht möglich wären und sich langfristig produktiv auf die Unternehmensziele auswirken können. Des Weiteren kann der vielschichtige Austausch von Informationen neue Erkenntnisse zutage fördern, sodass Chancen frühzeitiger als sonst erkannt werden bzw. überhaupt erst in den Fokus der entscheidenden Verantwortlichen gelangen.
Anbieter von Cloud-basierten Social Business Services sollten daher gerade für den Mittelstand klare Nutzungsszenarien aufzeigen und mit monetären Kenngrößen versehen. Erst wenn ein strategischer Lösungsansatz vorliegt und die Risiken einer Einführung von Cloud-basierten Social Business Services im Verhältnis zu den späteren Erfolgen ersichtlich sind, werden auch kleine und mittelständische Unternehmen bereit sein, diese Services in der Breite einzusetzen.