Von zu Hause zugeschickt
Von Sabine Philipp
Wer seine Angestellten vom eigenen Heim aus arbeiten lässt, spart nicht nur Büromiete. Die Leute sind flexibler und oft auch zufriedener. Denn sie können leichter Beruf und Familie unter einen Hut bringen. So kommen Sie an Fachkräfte, die eigentlich händeringend gesucht werden, die aber keinen Job finden. Häufigster Fall: Frauen mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen.
Unter Telearbeit fällt jede Tätigkeit, die Ihre Mitarbeiter nicht auf Firmengelände leisten. Das betrifft im Prinzip auch Vertreter im Vertrieb etc., aber gemeint ist meistens Teleheimarbeit, also Tätigkeiten, die von zuhause per Computer erledigt werden.
Für die Heimarbeiter gelten dabei die gleichen Spielregeln wie für die Kollegen im Stammsitz. Als Arbeitgeber müssen Sie sämtliche Arbeitsmittel stellen – und die sollen wiederum aktuellen Standards entsprechen. Das gilt auch in Sachen Arbeitsschutz. Bei Bildschirmen bedeutet das z.B., dass sie der Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) gerecht werden müssen.
Auch wenn Telearbeiter leichter abends mal etwas länger arbeiten können als Kollegen, die auf den Bus angewiesen sind – für Daheimbleiber gilt in puncto Überstunden ebenso das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Bei aller Flexibilität sollten Sie auf eine Kernarbeitszeit achten, zu der jeder Arbeitnehmer erreichbar ist, speziell zwischen 10 und 15 Uhr.
Informationsfluss absichern
Denken Sie daran, dass Sie die technische Infrastruktur bei Ihrem Telearbeiter schaffen und auch bezahlen müssen. Aus abrechnungspraktischen Gründen ist es bei Vollzeitkräften sinnvoll, das Ganze über einen separaten Internet-Anschluss laufen zu lassen. Da bei den meisten Haushalten eine zweite Telefonleitung angelegt ist, dürfte das kein Problem sein.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Sicherheit der Geräte ebenso wie der Daten. Zugriffsrechte außerhalb der Firmennetzwerkarchitektur zu vergeben, ist eine heikle Sache, aber mit genügend Sorgfalt ebenso möglich wie sonstige Leistungsauslagerungen. Außerdem geht die Datenübertragung durch öffentliche Leitungen und muss entsprechend geschützt sein, z.B. als Virtual Private Network. Das gilt für alle Zuarbeiten von außerhalb, nicht etwa nur für externe IT-Spezialisten. Eine praktikable Komplettlösung, die sich momentan durchzusetzen beginnt, sind Unternehmensportale, die es auch auf Basis von Open Source gibt.
Da kann es sich durchaus lohnen, den eigenen Server komplett in ein Rechenzentrum auszulagern und damit dessen erweiterte Schutzmechanismen zu nutzen. Eine andere Lösung wäre Server-based Computing mit so genannten Thin Clients, die wie ein Terminal fast keine eigenen Daten halten, sondern fast alles nur mit der Hilfe des zentralen Anwendungsservers erledigen. Interessante Optionen ergeben sich auch durch Cloud Computing.
Grenzen respektieren
Klären Sie im Arbeitsvertrag, dass Sie die Arbeitsstätten kontrollieren dürfen. Denn laut Art. 13 Grundgesetz (GG) ist die Wohnung „unverletzlich“. Selbst eine Kontrollzustimmung bedeutet nicht, dass Sie ständig und ohne konkreten Anlass bei Ihren Arbeitnehmern auftauchen dürfen.
Wenn durch Telearbeit ein Arbeitsplatz erhalten werden kann, gibt es vielleicht einen Zuschuss von der Arbeitsagentur. Gesetzesgrundlage ist das dritte Sozialgesetzbuch. Über eine Förderung entscheidet die Agentur vor Ort – nachfragen lohnt sich.
Abläufe und Mitarbeiter testen
Zugegeben, Telearbeit eignet sich meist nur für Büroarbeiten. Ihre Mitarbeiter müssen auch ein gewisses Quantum an Disziplin aufbringen. Denn es ist wirklich nicht leicht, jeden Tag ohne Druck aufzustehen und sich nicht durch Privates ablenken zu lassen. Für unerfahrene Arbeitnehmer ist die große Freiheit daher nicht immer das Beste. Von Seiten der Verantwortlichen sind dabei starke Führungsqualitäten gefragt.
Hinzu kommt, dass Sie den Menschen vertrauen müssen. Schließlich können Sie nicht kontrollieren, ob die Leute wirklich die richtigen Arbeitszeiten angeben. Pappenheimer, die es noch nie genau genommen haben, sollten Sie also lieber im Büro behalten.
Aber auch viele Arbeitnehmer sehen Telearbeit als nicht unproblematisch an. Als größtes Problem wird die Isolierung gesehen. Tatsächlich verlangt Telearbeit ein hohes Maß an abstrakter Teamfähigkeit. Der tägliche Klatsch mit den Kollegen muss entfallen, und so mancher fühlt sich von Informationsquellen abgeschnitten. Die Karriereaussichten von Heimarbeitern werden daher auch als nicht sonderlich gut eingeschätzt. Versuchen Sie dem gegenzusteuern. Nutzen Sie die Möglichkeiten von Telefonkonferenzen und laden Sie regelmäßig zum Meeting ins Büro ein, damit die Kollegen Heimarbeiter und Bürobelegschaft wenigstens wissen, wie die Stimme vom Telefon aussieht.
Die Taunussteiner Firma artifex Beteiligungs und Service AG setzt z.B. überwiegend auf Telearbeit. „Damit sparen wir Bürokosten und können bei unseren Preisen ganz anders kalkulieren“, so der Alleinvorstand Thomas Deutsch.
Falls Sie noch gar keine Erfahrung auf dem Gebiet haben, ist es besser, erst einmal eine Pilotphase zu starten und zu sehen, wie es läuft.
Fazit: Auf Unternehmensbindung setzen
Mit Telearbeit können Sie nicht nur kompetente Frauen ans Unternehmen binden, die gerade junge Mütter sind. Auch im Vorfeld einer Betriebsverlegung kann sich der Heimarbeitsplatz rechnen. Denn so Sie müssen Ihre Mitarbeiter nicht aus ihrem gewohnten Umfeld reißen – und sparen ganz nebenbei die Umzugskosten (und eventuell die betriebsbedingte Kündigung verdienter Arbeitnehmer nebst Abfindung). Auch bei Mitarbeitern, die z.B. durch einen Unfall eingeschränkt arbeitsfähig bzw. behindert werden oder eine chronische Krankheit entwickeln, können Telearbeitsplätze die Beschäftigungsfähigkeit erhalten und eine praktikable Alternative sein.