Vergleichende Werbung, Teil 1: Was vergleichende Werbung vergleichen darf

Der Gesetzgeber stellt sich Werbung als eine Tabelle sachlicher Qualitätsmerkmale vor, wo wackere Wettbewerber einander in offenem Schlagabtausch gegenübertreten. Die Folge: Die Grenzen des Erlaubten sind auf dem Papier eindeutig, aber im Sand der Arena oft schwer auszumachen.

Grenzen der Gegenüberstellung

Von der Fachredaktion anwalt.de

„Meins ist besser als deins.“ Nach diesem Motto darf inzwischen auch in Deutschland vergleichende Werbung stattfinden. Schließlich ist es das Ziel jeder Werbung, den potenziellen Kunden von den Vorzügen des eigenen Produktes so zu überzeugen, dass er es kauft. Angesichts der enormen Produktvielfalt und der großen Konkurrenz kommt es dabei zunehmend darauf an, im unmittelbaren Vergleich mit gleichen oder ähnlichen Produkten anderer Hersteller zu punkten.

Mit Umsetzung der Richtlinie 97/55/EG zum 1. September 2003 ist auch das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geändert worden und erklärt auch hierzulande direkte Werbevergleiche für grundsätzlich zulässig. Voraussetzung ist jedoch: Die Werbeaussage ist

  • nachprüfbar,
  • entspricht der Wahrheit und ist
  • nicht irreführend.

Nach der grundlegenden Reform von 2004 findet sich der Tatbestand der vergleichenden Werbung in § 6 Abs. 1 UWG definiert. § 6 Abs. 2 UWG wiederum zieht die Grenzen der Zulässigkeit und bestimmt, in welchen Fällen vergleichende Werbung „unlauter“ ist.

Äpfeln mit Birnen

§ 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG erklärt vergleichende Werbung für unzulässig, wenn sich der Vergleich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht. Die Faustregel lautet hier: „Keine Äpfel mit Birnen vergleichen.“ Die miteinander verglichenen Waren oder Dienstleistungen müssen zwar nicht völlig funktionsidentisch sein, jedoch aus Sicht der angesprochenen Kunden einen ausreichenden Grad an Austauschbarkeit aufweisen.

So könnte ein PC-Hersteller seinen Laptop im direkten Vergleich mit einem Laptop der Konkurrenz und ähnlicher Ausstattung zulässigerweise bewerben. Unlauter wäre jedoch der Vergleich des Laptops mit einem anderen Desktop-PC, weil dieser bei potenziellen Kunden als fest installierter Computer ein anderes Bedürfnis befriedigt und zu anderen Zwecken eingesetzt wird als ein Mobilrechner, bei dem es auf die Transportfähigkeit und transportspezifische Eigenschaften ankommt (Gewicht, Akkulaufzeit etc.).

Serie: Vergleichende Werbung
Teil 1 zeigt die Grenzen vergleichender Werbung auf und erläutert die betreffenden Paragrafen. Teil 2 führt aus, was der Gesetzgeber für Sanktionen vorsieht und wer zur Klage berechtigt ist. Teil 3 kommentiert schließlich ein klärendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs.

Objektiv und nachprüfbar

Ebenfalls unzulässig ist der Vergleich, wenn er „nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis“ der beworbenen Ware oder Dienstleistung bezogen ist. Mit dieser Formulierung erreicht § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG, dass mit kennzeichnenden und unterscheidbaren Merkmalen (Eigenschaften) geworben werden muss.

Ausgeschlossen ist dadurch z.B. der Vergleich von Umsatzzahlen konkurrierender Produkte. Eigenschaften können aber nicht nur die physische Beschaffenheit, die wirtschaftlichen, sozialen oder rechtlichen Merkmale des Produktes bzw. der Dienstleistung sein, sondern alle Faktoren, die für den Kunden kaufentscheidend sein können. So sind etwa auch die TÜV-Zertifizierung, Lieferbarkeit, Versandmöglichkeiten, Serviceleistungen und -zeiten oder eventuell auch die Zahl und Qualifikation der Mitarbeiter als Eigenschaft in diesem Sinn zu verstehen. Selbst die Beschreibung von Sinneswahrnehmungen, wie etwa Duftnoten, ist zulässig (z.B. „riecht wie eine Blumenwiese“, „mit dem Duft frischer Äpfel“ o.Ä.).

Der Vergleich von Eigenschaften oder Preis muss dabei stets objektiv und auch nachprüfbar sein; vor allem was den Mitbewerber betrifft, müssen die Angaben korrekt sein. Das führt gerade bei Preisvergleichen dazu, dass sogar spontane Änderungen der Konkurrenz berücksichtigt werden müssen. Die Werbeaussage muss nämlich zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung objektiv korrekt sein.

Ferner müssen die herangezogenen Eigenschaften miteinander vergleichbar sein (also abermals: Keine Äpfel mit Birnen vergleichen!) und dürfen sich nicht auf völlig unwesentliche Merkmale beziehen, die in der Regel nicht kaufentscheidend sind. Der Prüfsatz hierzu lautet: „Eine nicht unerhebliche Zahl von verständigen Durchschnittskunden wird typischerweise ihre Kaufentscheidung auf die in der Werbung angegebene Information (d.h. Eigenschaft) typischerweise stützen.“

Täuschen und schimpfen

Neben den genannten Einschränkungen darf vergleichende Werbung auch nicht zu Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber, zwischen den Waren/Dienstleistungen oder verwendeten Kennzeichen führen (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG).

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Ebenso wenig darf vergleichende Werbung den (guten) Ruf eines Konkurrenten ausnutzen oder beeinträchtigen (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG) oder gar die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönliche oder geschäftliche Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzen oder verunglimpfen.

Fazit: Keine Kampagne ohne Beistand

Die gesetzlichen Vorgaben sind nicht so schwer. Das Problem ist eher: Werbung ist kein Zahlenquartett, bei dem der Kindskopf gewinnt, auf dessen Autokarte mehr PS stehen. Werbung arbeitet mit allen künstlerischen Mitteln, nicht mit nackten Tatsachenaussagen. Daher empfiehlt sich für Unternehmer, die eine Kampagne planen, in jedem Fall eine fundierte rechtliche Beratung im Vorfeld. Denn ob eine vergleichende Werbeaussage oder -maßnahme nach den genannten Kriterien zulässig ist, muss jeweils im Einzelfall festgestellt werden.

Welche Rechtsfolgen unzulässige vergleichende Werbung nach sich ziehen kann, erläutert Teil 2 dieser Serie. Teil 3 zeigt abschließend anhand eines Beispiels, dass auf diesem Gebiet immer noch Klärungsbedarf besteht.

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