Mehr Kläger als Werbende
Von der Fachredaktion anwalt.de
Unter welchen Bedingungen vergleichende Werbung erlaubt ist, hat Teil 1 dieser Serie erklärt. Die Bestimmungen sind ziemlich eindeutig, aber die Wirklichkeit ist meist komplizierter. Im Einzelfall bleibt daher viel Spielraum für Interpretation. Was also droht, wenn das Gericht urteilt, dass eine konkrete Kampagne mit unzulässigen Vergleichen wirbt?
Wettbewerbsverstöße wegen unlauterer Werbung sollten Sie nicht nur wegen der teilweise erheblichen rechtlichen Konsequenzen vermeiden, sondern auch wegen des drohenden Image-Verlustes. Denn nicht selten verlagert sich die Sympathie der Kundenzielgruppe wegen unlauterer Werbemaßnahmen zugunsten des Mitbewerbers als „Opfer“.
Konkrete Ansprüche gegen den Werbenden hat der betroffene Mitbewerber bei unzulässig vergleichender Werbung jedoch nur, soweit neben dem Verstoß gegen § 6 UWG auch die Voraussetzungen des § 3 UWG erfüllt sind. Danach sind zunächst nur unlautere Wettbewerbshandlungen erst dann unzulässig, wenn sie geeignet sind, „den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen“. Mit dieser Generalklausel werden Bagatellfälle von unlauteren Wettbewerbshandlungen von den Sanktionen des UWG ausgenommen.
Beseitigung und Unterlassung
Liegen die Voraussetzungen der unlauter vergleichenden Werbung nach § 6 UWG sowie eine Wettbewerbsbeeinträchtigung im Sinne von § 3 UWG vor, kann der Werbende zur Beseitigung der fraglichen Werbung verpflichtet und bei Wiederholungsgefahr auch auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Diesen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch können nicht nur alle Mitbewerber sondern auch die Industrie- und Handelskammern, rechtsfähige Berufs- oder Gewerbeverbände oder anerkannte Verbraucherverbände geltend machen.
Teil 1 zeigt die Grenzen vergleichender Werbung auf und erläutert die betreffenden Paragrafen. Teil 2 führt aus, was der Gesetzgeber für Sanktionen vorsieht und wer zur Klage berechtigt ist. Teil 3 kommentiert schließlich ein klärendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs.
Schadensersatz kommt teuer
Darüber hinaus ist der unlauter Werbende seinen Mitbewerbern zum Ersatz des aus der unlauteren Werbung entstehenden Schadens gemäß § 9 UWG verpflichtet, sofern er die Wettbewerbsverletzung im Sinne von § 3 UWG wegen Vorsatz oder Fahrlässigkeit zu verantworten hat.
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So kann er sich z.B. nicht auf Fehler einer beauftragten Werbeagentur berufen, weil ihn die Verpflichtung zur Überwachung und Prüfung seiner Werbemaßnahmen vor Veröffentlichung trifft. Die Höhe derartiger Schadensersatzforderungen kann sich je nach Größe des Unternehmens und der Wettbewerbsbeeinträchtigung im vier- bis sechsstelligen Bereich (!) bewegen. Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern steht dieser Schadensersatzanspruch jedoch nicht zu.
Fazit: Ansprüche machen vorsichtig
Seitdem vergleichende Werbung in Deutschland in den gezeigten Grenzen erlaubt ist, haben internationale Unternehmen von dieser Möglichkeit wiederholt Gebrauch gemacht. Zu nennen sind hier etwa Werbekampagnen der zwei großen Burger-Ketten McDonald’s und Burger King, die Getränkehersteller Pepsi und Coca Cola oder auch die Deutsche Telekom und ihr Konkurrent Telegate. Erst in jüngerer Zeit haben auch nationale Unternehmen (z.B. der Baumarkt Praktiker gegen OBI) die vergleichende Werbung für sich entdeckt.
Man darf als Kunde also gespannt sein. Als Unternehmer sollte man sich aber bei eigenen Werbemaßnahmen (und denen der Mitbewerber) vom spezialisierten Rechtsanwalt fachlich beraten lassen bzw. sich gegen unlautere Werbung der Konkurrenz schnell und effektiv mit anwaltlicher Unterstützung zur Wehr setzen.
Dass außerdem die europaweite Rechtslage offenbar noch nicht ganz stabil ist, zeigt ein interessanter Zweifelsfall, über den der Europäische Gerichtshof zu befinden hatte. Teil 3 dieser Serie wird das betreffende Urteil erläutern.