Die Gefahr droht von innen
Von Anette Stein
Der Griff in die Firmenkasse geschieht auf allen Ebenen, ob in der Lagerhalle, im Büro oder in der Chefetage. Es merkt ja keiner – zumindest nicht sofort. Fliegt die Veruntreuung schließlich doch auf, ist die Verlegenheit groß, aber das Problem noch nicht vom Tisch. Denn oft ist das Geld einfach weg, im Kasino verspielt oder in Schuldenzahlungen verdampft. In solchen Fällen schützt eine Vertrauensschadenversicherung (VSV) vor Verlusten.
In deutschen Unternehmen kommt es tagtäglich zu enormen Schäden durch Wirtschaftskriminalität: Laut Kriminalstatistik lagen die Vermögensverluste durch Betrug, Veruntreuung und Unterschlagung im Jahre 2003 bei etwa 6 Milliarden Euro; davon verursachen die eigenen Arbeitnehmer nach Schätzungen rund 2,4 Milliarden Euro – Tendenz steigend. Zwar unterschätzen viele Unternehmen das Risiko und übersehen allzu lange deutliche Warnsignale, doch die Möglichkeit zu veruntreuen gibt es in jedem Unternehmen, denn Sicherheitslücken lassen sich nie hundertprozentig schließen.
Die Delikte spielen sich vor allem im bargeldlosen Zahlungsverkehr ab; meist besitzen die Täter betriebswirtschaftliches Fachwissen und gute Kenntnisse der internen organisatorischen Abläufe und Gewohnheiten des Unternehmens.
Risiken und Tatbestände
Die Motive sind vielschichtig. Oft kommen Mitarbeiter in finanzielle Engpässe; die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes sowie die zunehmende Anonymisierung lassen dann die Loyalität gegenüber dem Unternehmen schwinden. Verändert sich die Unternehmensstruktur, z.B. durch Fusion oder Neuorganisation, kann dies zu Sicherheitslücken führen. Durch moderne Unternehmensstrukturen wie Lean Management, Delegation von Verantwortung und mangelnde Kontrolle sind Firmen anfällig für Veruntreuungen. Darüber hinaus erleichtern es vernetzte DV-Arbeitsplätze, Firmendaten zu manipulieren und in die eigene Tasche zu wirtschaften. Hinzu kommt, dass gerichtliche Strafen häufig so milde ausfallen, dass von ihnen kaum eine Abschreckung ausgeht. Selbstverständlich kann das Risiko der Veruntreuung durch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen verringert werden – entsprechende Kontroll- und Steuerungssysteme, klare Unternehmensleitlinien und transparente Strukturen können das Risiko deutlich mindern – ganz ausschließen lässt es sich jedoch nicht.
VSV: Leistungen und Konditionen
Vor den Verlusten durch Veruntreuung könnten sich Unternehmen durch eine so genannte Vertrauensschadenversicherung (VSV) schützen. Doch nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) haben sich die wenigsten Unternehmen gegen dieses Risiko abgesichert: Nur rund 50 Mio. Euro Schadenleistungen werden im Jahr fällig – weniger als 2 % des gesamten Schadens werden also durch eine Versicherung ausgeglichen.
In der Vertrauensschadenversicherung sind vorsätzlich verursachte Vermögensschäden durch Arbeitnehmer, Angestellte, Aushilfen, Praktikanten, Zeitarbeitskräfte, Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder (mit maximal 15 % Anteilsbesitz) abgesichert. Die Versicherung ersetzt Schäden, die durch Diebstahl, Unterschlagung, Veruntreuung, Betrug, Sachbeschädigung, Sabotage oder Angriffe von Hackern auf die EDV entstehen, und zwar auch dann, wenn von einer Strafanzeige abgesehen wird. Voraussetzung ist lediglich der Nachweis eines rechtsbeständigen Schadensersatzanspruchs gegen den Täter.
Der Versicherungsschutz gilt weltweit, der Versicherungsvertrag wird individuell ausgestaltet. Dabei ist die Höhe der Prämie von der jeweiligen Versicherungssumme, der Anzahl der versicherten Personen und der Laufzeit des Vertrages abhängig. Im Schadensfall ersetzt die Versicherung den unmittelbaren Vermögensschaden bis zur Höhe der Versicherungssumme. Das Unternehmen kann die Höhe der Prämie verringern, indem es mit der Versicherungsgesellschaft eine Selbstbeteiligung vereinbart.