Der Vertrieb springt, wie der Brotkorb hängt
Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group
Im Vertrieb ist neben dem Einsatz von eigenen Vertriebsmitarbeitern auch die Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern (z.B. Handelsvertretern) und mit Vertriebspartnern gängige Praxis. In allen Fällen ist es üblich, neben fallweise gezahlten Festvergütungen erfolgsabhängig variable Prämien oder Provisionen zu zahlen. Dabei ist natürlich grundsätzlich zwischen variablen Vergütungen für eigene Mitarbeiter und Provisionen für Vertriebspartner zu unterscheiden.
Einer der wichtigsten Anreize für Einzelne und ganze Teams bleibt dabei das begründete Lob für erfolgreiche Arbeit. Obwohl dies eigentlich eine allgemein anerkannte Tatsache ist, wird nach wie vor Kritik eher geäußert als Lob. Auf jeden Fall ist die Anerkennung im Unternehmen ein wichtiges Instrument. Natürlich sollte eine Abschlussbesprechung nach Ende eines Vorhabens oder Projektes zur Manöverkritik und zur Aufarbeitung von Erfahrungen durchgeführt werden.
Anreizsysteme für eigene Mitarbeiter
Einzelvergütung
Variable Elemente in den Arbeitsverträgen sind mittlerweile in vielen Unternehmen üblich. Die Vergütungssysteme sollten sich an den für das Unternehmen wesentlichen Punkten orientieren. Durch die Fokussierung auf wenige und für die Mitarbeiter nachvollziehbare Kriterien wird die Wirksamkeit dieses Steuerungsinstrumentes in der Praxis gefördert. Wirksame Kriterien genügen den folgenden Ansprüchen: Sie sind
- vom Mitarbeiter in seiner Funktion beeinflussbar,
- für den Erfolg im Geschäftsprozess entscheidend,
- für die Unternehmensentwicklung relevant sowie
- im Ergebnis auswertbar und transparent.
Schwarz auf Weiß
Eine ausführliche Darstellung zum Thema Vertrieb für den Mittelstand gibt Dr. Jürgen Kaack im Ratgeber „Der optimale Vertrieb – Erfolgsfaktor im Wettbewerb“, den Sie online kostenfrei im Pressezentrum des MittelstandsWiki bekommen.
Ein wichtiges Führungsinstrument, gerade auch in Verbindung mit variablen Vergütungssystemen, ist das Feedback-Gespräch, das in nicht zu langen Abständen geführt wird und auf Erfolgen und Misserfolgen aufbauend den individuellen Beitrag und die persönliche Entwicklung würdigt, aber auch Defizite aufzeigt. Ein wirkungsvolles Feedback-Gespräch endet immer mit der Festlegung von überprüfbaren Zielen, die schriftlich festgehalten und im nächsten Gespräch wieder überprüft werden. Das Feedback-Gespräch ist eine passende Gelegenheit, um nichtfinanzielle Anreize zu gewähren (Schulungen, „Titel“, Prämierungen etc.).
Gruppenerfolge
Bei einer Teamorganisation ist die Transparenz des Teamerfolgs ein wichtiges Motivationselement für die einzelnen Mitarbeiter. In manchen Fällen sind interne Wettbewerbe ein zusätzlicher Anreiz. Die Vergleiche müssen dabei eindeutig und fair erfolgen. Wenn Ziele für zeitlich befristete Wettbewerbe vorgegeben werden, so dürfen diese zwar ambitioniert sein, aber sie müssen auch unter realistischen Bedingungen erreichbar sein. Neben der Teamleistung ist aber auch die Anerkennung der individuellen Leistungen ein notwendiger Anreiz für die Mitarbeiter, da gute Teamleistung nur möglich wird, wenn jeder Einzelne Bestleistung bringt.
Für die Zuweisung der Sonderprämien gibt es grundsätzlich die Möglichkeit einer Zuordnung über den Vorgesetzten oder eine Verteilung durch das Team selber. Der letztere Weg funktioniert aber nur bei „mündigen“ und selbstkritisch funktionierenden Teams. Eine simple Gleichverteilung auf alle Beteiligten ist zwar der einfachste und ohne weitere Überlegung umzusetzende Weg, aber auch der am wenigsten motivierende.
Eine offene Kommunikation ist auch im Hinblick auf die Anreizsysteme ein Motivationselement: Nur wenn alle Teammitglieder wissen, nach welchen Kriterien und aufgrund welcher Leistungen der eine mehr und der andere weniger erhält, werden sich alle beim nächsten Projekt entsprechend einsetzen.
Provisionsmodelle für Vertriebspartner
Grundsätzlich besteht eine Vielfalt von möglichen Provisionsmodellen für Vertriebspartner. Mögliche Formen zeigt die folgende Auflistung:
- Setup- oder Einmalprovision;
- monatliche Garantie- (oder Mindest-)Provision;
- Stückzahl- oder absatzabhängige Provision;
- Abschlussprovision;
- umsatzabhängige Provision;
- gestaffelte Umsatzprovision (z.B. abhängig von der Menge);
- Provision auf der Basis einer vereinbarten Vertriebsmarge.
Diese Liste ist vermutlich nicht vollständig und auch die Mischung verschiedener Komponenten ist nicht unüblich (z.B. Abschlussprovision und umsatzanteilige laufende Provision, eventuell noch ergänzt durch eine Setup-Provision).
Je komplizierter die gewählte Provisionsstruktur ist, desto größer ist in der Regel auch der Aufwand für die Erstellung der Abrechnung und die Klärung von Unstimmigkeiten. Daher ist in vielen Fällen eine einfache Struktur zu bevorzugen. Dies gilt insbesondere dann, wenn viele Vertriebspartner für das Unternehmen tätig sind. Trotzdem sollte die Provisionsstruktur die wichtigsten Erfolgsfaktoren für das Unternehmen und sein Produktangebot berücksichtigen.
Bei der Wahl der Höhe der Provisionselemente ist neben wirtschaftlichen Aspekten auch die Wettbewerbssituation zu prüfen. Bietet der Wettbewerb für vergleichbare Produkte deutlich höhere Vertriebsprovisionen, so wird der nicht-exklusiv tätige Vertriebspartner bevorzugt das Wettbewerbsprodukt verkaufen und der exklusive Partner möglicherweise seinen Vertriebspartnervertrag kündigen.
Werbekostenzuschüsse (WKZ)
Erfolgt im indirekten Vertrieb eine Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern, so werden im Rahmen von Vergütungsregelungen oft auch Werbekostenzuschüsse (WKZ) vereinbart. Mit diesen Zahlungen übernimmt das Unternehmen einen Teil der Marketing– und Werbeaufwände des Vertriebspartners. Je nach Vereinbarung zwischen Unternehmen und Vertriebspartner zahlt das Unternehmen einen festgelegten Anteil an den Kosten für Anzeigenwerbung oder andere Werbeformen. Oft wird zudem ein Höchstbetrag für den in einer Zeitperiode gezahlten Werbekostenzuschuss vereinbart, der von der Vertriebsleistung der letzten Perioden oder den vereinbarten Zielen abhängt.
Ursprünglich wurden Werbekostenzuschüsse nur nach tatsächlichen Werbeaufwendungen und gegen Nachweis gezahlt; mittlerweile werden WKZ-Leistungen teilweise auch ohne unmittelbaren Zusammenhang mit Werbemaßnahmen gewährt. Die Messlatte sind dann z.B. die Anzahl von Neukunden, der erzielte Umsatz oder das Erreichen von vereinbarten Zielen. Man geht in diesen Fällen davon aus, dass ein gewisser Werbeaufwand zur Gewinnung neuer Kunden notwendig ist, und überlässt die eigentliche Ausführung und die Form der Werbung dem Vertriebspartner. Dies erspart dann den nachlaufenden Aufwand mit der Einreichung und Prüfung von Rechnungsbelegen.
Der Werbekostenzuschuss ist generell als ein Bestandteil der Provisionszahlungen anzusehen. Selbst wenn der direkte Werbenachweis entfällt, ist er eine Möglichkeit zur Umsetzung von einzelnen Maßnahmen oder Zielen, ohne dass die bestehende Grundvereinbarung zur Provision verändert werden muss.
Vertragliche Vereinbarungen
Bei der Festlegung der Provisionsvereinbarung sollte von vornherein auf eine klare Abgrenzung und Zuordnung von Kunden und Aufträgen geachtet werden. Dies gilt natürlich gleichermaßen bei Mitarbeitern und bei externen Vertriebspartnern. Unklare Regelungen können Streit über die Zahlung von Provisionen zur Folge haben, Frustration und abnehmende Motivation oder auch die Mehrfachzahlung von Provisionen für einen Auftrag.
Bei der Kalkulation von Provisionen im Rahmen der Unternehmensplanung sollte berücksichtigt werden, dass Provisionsvereinbarungen auch noch nach Beendigung eines Vertrages nachlaufende Kosten auslösen können. Dies gilt z.B. in solchen Fällen, in denen der Vertriebspartnervertrag als Handelsvertretervertrag ausgestaltet ist.
Kundenzuordnung
Für die Zuordnung von Kunden gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Bei einer begrenzten Anzahl von potenziellen Zielunternehmen ist eine namentliche Zuordnung (named accounts) sinnvoll. Mit diesem Vorgehen wird zudem eine Mehrfachansprache verhindert.
Eine andere Möglichkeit ist eine regionale Aufteilung, die bis zu einer Exklusivität reichen kann. Die räumliche Zuordnung wird häufig bei einer Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern vereinbart, die über Ladengeschäfte vermarkten.
Natürlich kann auch eine branchenspezifische Zuordnung erfolgen. Auch hier sind wieder Mischformen möglich (z.B. ausgewählte Branchen in festgelegten Regionen und unter Ausnahme von einzeln benannten Unternehmen).
Bei jeder Art von Exklusivität sollte gründlich überlegt werden, ob dies sinnvoll und notwendig ist. Bei nachlassender Performance, einer angestrebten Erweiterung um neue Vertriebskanäle und aus ähnlichen Gründen kann die Exklusivität ein Hindernis sein, das nicht so einfach ausgeräumt werden kann. Daher sollte Exklusivität nur dann vereinbart werden, wenn es sich nicht vermeiden lässt. In diesen Fällen sollte zumindest eine zeitliche Begrenzung vereinbart werden.
Fälligkeit der Zahlungen
Ein anderer Aspekt, der am besten im Vorfeld geregelt wird, ist die Fälligkeit der Provision. Mitunter liegen zwischen Auftragseingang, Erledigung, Rechnungsstellung und Zahlungseingang erhebliche Zeitspannen, z.B. im System- oder Projektgeschäft. Wenn dies unter Liquiditätsgesichtspunkten relevant ist, können Abschlags- oder Teilzahlungen vereinbart werden.
Ein Sonderfall sind die Kundenbeziehungen, die über mehrere Jahre laufen. Dies ist oft im Dienstleistungsbereich der Fall. Für die Regelung der Provision gibt es hierfür eine Reihe von Möglichkeiten: Der einmaligen Abschlussprovision steht die laufende Umsatzbeteiligung (z.B. bei Versicherungsverträgen) gegenüber; alle Mischformen sind ebenfalls möglich. In manchen Fällen wird über eine definierte Anzahl von Jahren (typischerweise drei bis fünf Jahre) eine prozentual abnehmende Umsatzbeteiligung gezahlt. Oft entspricht dies auch der Rolle und Einflussmöglichkeit des Vertriebs auf die Kundenbeziehung.
Wenn typischerweise Großkundenrabatte oder andere Vergünstigungen für Kunden gewährt werden, sollte im Vorfeld klar sein, ob dies Auswirkungen auf die Provisionshöhe haben soll. Bemisst sich die Provision nach der Vertriebsmarge, dann ist dieser Aspekt normalerweise bereits abgedeckt.
Fazit: Mit Planung und laufender Kontrolle
Für die Mehrzahl der Unternehmen dürfte der Fokus sowohl auf einer weiteren Neukundengewinnung als auch auf der Bindung wichtiger Kunden liegen. Hierfür sind Marketing– und Werbeaufwände als vertriebsbegleitende Aufgaben genau wie erfolgsabhängige Vertriebskosten für Provisionen für die meisten Unternehmen unabdingbar. Allerdings sollte im Rahmen der Unternehmensplanung festgelegt werden, welche Ziele erreicht werden sollen und welches Budget für diese Aufgaben bereitgestellt wird.
Neben den eigenen Planungswerten aufgrund der wirtschaftlichen Eckpunkte spielt natürlich die Wettbewerbssituation in vielen Fällen auch eine Rolle. Dabei ist es trotzdem eigentlich nie notwendig, den Wettbewerb in der Provisionshöhe übertreffen zu wollen. Denn die Positionierung und Wettbewerbsfähigkeit eines Angebotes auf dem Markt hängt immer von mehreren unterschiedlichen Aspekten ab: Je größer die Attraktivität des Produktes für den Kunden ist und je höher die Markenbekanntheit ist, desto weniger muss in der Regel für Provisionen ausgegeben werden.
Bei der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern sind Provisionen und Werbeausgaben entsprechend der Vermarktungsbeiträge auf die eigenen Aktivitäten und diejenigen der Partner aufzuteilen. Mithilfe der Kundenwertanalyse kann sichergestellt werden, dass die budgetierten Mittel effizient eingesetzt werden. Das Vertriebscontrolling sollte die Entwicklung der Provisionszahlungen und Werbeaufwände regelmäßig überwachen und Kennzahlen z.B. zu den Akquisitionskosten pro Neukunde und Vertriebskanal in der zeitlichen Entwicklung verfolgen. Ergeben sich dabei systematische Verschiebungen, die zu einer wirtschaftlichen Verschlechterung der Vertriebsmarge führen, sollten Ursachen mithilfe einer Vertriebsanalyse untersucht und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
Provisonsregelungen sind ein notwendiges und effizientes Vertriebssteuerungsinstrument, das mit Bedacht und gezielt eingesetzt werden sollte. Bei der Ausgestaltung des Vertriebsprozesses ist die Provisionsregelung ein integraler Bestandteil.