Abwarten, was ankommt
Die bisher dominierende WLAN-Infrastruktur nach IEEE 802.11abgn mit bis zu 450 MBit/s Bruttospeed ist sowohl in Deutschland als auch fast weltweit gut verfügbar: z.B. in Firmen, Hotels, Cafés, Restaurants, Zügen, Home Offices, aber auch in vielen privaten Wohnungen. So lässt sich ein Notebook, Tablet oder Handy mit WLAN-abgn-Funkmodul in weiten Teilen der Welt auch drahtlos mit dem Internet verbinden.
AC-WLAN bis 1,3 GBit/s
Das dreimal schnellere Gigabit-WLAN IEEE 802.11ac dagegen steckt sowohl bei Routern als auch bei Endgeräten noch ziemlich in den Startlöchern. Es verspricht Gigabit-Speed bis 1,3 GBit/s brutto, könnte theoretisch also mit einer Gigabit-LAN-Verkabelung konkurrieren.
Die ersten WLAN-AC-Router kamen schon im Sommer 2012 von Buffalo und Netgear, gefolgt von Apple, Asus, D-Link, Linksys, TP-Link, TRENDnet und Zyxel. Doch bis vor Kurzem lagen sie wie Blei in den Regalen. Zur IFA 2013 brachte dann auch der bekannteste deutsche Router-Hersteller, AVM aus Berlin, seine neue Highend-Fritz!Box 7490 mit Gigabit-WLAN bis 1,3 GBit/s brutto auf den Markt. Das könnte den AC-Markt beflügeln und dabei helfen, die kritische Masse für die neue Netzwerktechnik bald zu erreichen.
Die nominalen 1,3 GBit/s kommen aber nur dann, wenn sowohl der AC-Router als auch das AC-Endgerät (sprich: 11ac-Laptop, 11ac-Tablet oder 11ac-Smartphone) tatsächlich eine volle 3×3-MIMO-Connection mit drei Datenströmen aufbauen können. Dazu brauchen beide Seiten (AC-Router und AC-Endgerät) u.a. drei WLAN-AC-Antennen. Allerdings gibt es bislang fast keine mobilen WLAN-Endgeräte, die tatsächlich 3×3-MIMO unterstützen.
Wie viel kommt netto durch?
Das ultraschicke und innovative Apple MacBook Air 13,3 Zoll (Release Mid 2013) beherrscht z.B. maximal 2×2-MIMO und ist somit auf 867 MBit/s brutto begrenzt. Geräte mit 1×1-MIMO-AC, wie einige AC-Sticks und AC-Smartphones, sind meist auf 433 MBit/s WLAN-AC-Speed beschränkt. Hinzu kommt: Diese 1300, 867 oder 433 MBit/s sind aber nur die nominalen Bruttospeed-Werte. Netto kommt bei WLAN schon seit jeher nur die Hälfte der offiziellen Bruttoangaben – falls überhaupt.
Was also bringt das neue WLAN-AC wirklich an Durchsatz? Und wie kann man 11ac schon heute so testen, dass 3×3-MIMO tatsächlich schon an beiden Enden funkt?
Wir nehmen dazu zwei identische AC-Fritz!Boxen 7490 und verwenden die erste Box im Master- und die zweite im Repeater-Modus. Damit entsteht eine Funkbrücke (WLAN-Bridge), die an beiden Enden 3×3-MIMO unterstützt, also drei Datenströme gleichzeitig von Ende zu Ende durchlässt, und somit die nominale Speed-Grenze von 1,3 GBit/s tatsächlich brutto erreicht.
Bei diesem Test bekamen wir Durchsatzpeaks von 791 MBit/s netto, als beide Fritz!Boxen mit 5 m Abstand bei direkter Sichtverbindung im gleichen Raum funkten. Als Dauerleistung schafften die beiden AC-Fritz!Boxen AVM 7490 durch eine Stahlbetondecke einen Nettodurchschnitt von 560 MBit/s.
Die Kombination von D-Link DWA-182 und AC-Fritz!Box AVM 7490 zieht sich auf eine 2×2-MIMO-Verbindung von 867 MBit/s brutto zurück. Netto durch Stahlbeton bleiben davon 260 MBit/s. (Foto: Harald Karcher)
Mit einem WLAN-AC-Stick D-Link DWA-182 zusammen schaffte eine AC-Fritzbox AVM 7490 im Test eine 2×2-MIMO-Verbindung von 867 MBit/s brutto. Netto kam durch eine Stahlbetondecke hindurch nur eine mittlere Dauerleistung von 260 MBit/s.
Mit einem WLAN-AC-Laptop MacBook Air 13,3 Zoll schließlich schaffte die AC-Fritz!Box AVM 7490 im Test eine 2×2-MIMO-Verbindung von 867 MBit/s brutto. Netto kam durch den Stahlbeton eine mittlere Dauerleistung von 160 MBit/s. (Kurz nach diesem Test hat Apple allerdings die WLAN- und Systemsoftware des Apple MacBook Air verbessert; vermutlich käme bei einem erneuten Test mehr AC-Speed.)
So viel vorab zur Realität an vorderster WLAN-AC-Front. Nun zum Rest der AC-Laptop-Tablet-Welt.
Laptops: Nicht das wichtigste Kriterium
Eigentlich könnte Henrik Schäfer von Sony gleich für die ganze Branche sprechen, denn bei WLAN machen zurzeit fast alle Laptop-Lieferanten fast das Gleiche: „Wir setzen aktuell auf den bewährten IEEE 802.11a/b/g/n-Standard und beobachten die Entwicklung hinsichtlich einer Zertifizierung des Gigabit-WLAN IEEE 802.11ac sehr aufmerksam.“ Das gilt so ähnlich auch für Acer, Asus, Dell, HP, Lenovo oder Samsung. Haris Musemic von Asus grenzt die Bedeutung des zweifelsfrei bewährten IEEE-802.11a/b/g/n-Standards sogar noch enger ein, und zwar auf Intel:
- „Natürlich sind die Intel-WLAN-Chips gern gesehen, wenn nicht sogar als mögliches Ausschlusskriterium ausgeschrieben. Aufgrund ihrer bewährten Qualitäten, Stabilität, aber auch anderer Sicherheitsaspekte stellen Intel-WLAN-Chips oft ein Muss im Business-Umfeld dar. Der AC-Standard wird sicherlich aufgrund der höheren Reichweite kommen, ist aktuell aber noch nicht das wichtigste Kriterium bei der Auswahl von passenden Business-Geräten.“
Konkrete Zeitpläne nennt Meinolf Althaus von Fujitsu: „Derzeit dominieren WLAN-Module des Standards 802.11abgn den Business-Markt. Wir erwarten, dass die Nachfrage nach 802.11ac erst im Laufe des Jahres 2014 steigen wird. In 2014 planen wir die Integration von 802.11ac-Modulen in unsere Produkte.“ Diese „Technologie ist noch in der frühen Adoptionsphase und hat die kritische Masse noch nicht überschritten“, sagt auch Michael Müller von Dell: „Daher liegt der Fokus derzeit noch nicht auf dieser Technologie.“
Tablets und Smartphones: 802.11agn und bgn
Das GALAXY Note 10.1 2014 Edition „unterstützt bereits den WLAN-Standard 802.11ac“, erklärt Mario Winter von Samsung. Freuen darf sich auch Ulrich Jäger von Toshiba: „Bei Toshiba dominieren die WLAN-Standards 802.11agn und bgn. Mit den Tablet-Modellen der Excite-Serie hat Toshiba zudem Konfigurationen mit dem WLAN-Standard 802.11ac im Portfolio.“ Martin Sasse von Acer fügt ein interessantes Detail hinzu: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Kunden aufgrund seiner begrenzten Reichweite explizit den a-Standard fordern.“ Letzterer funkt bekanntlich im 5-GHz-Bereich und durchdringt Betonwände nicht so gut wie die WLAN-Standards 11.bgn im 2,4-GHz-Band. AC funkt übrigens auch im 5-GHz-Band – und trifft damit auf die gleiche Physik von Betonwänden wie das bisherige 802.11a ohne C.
Bei den Smartphones haben u.a. das Asus Padfone, HTC One, Samsung Galaxy S4 und das Sony Xperia Z1 schon WLAN-11ac unter der Haube, allerdings noch nicht mit dem vollen 3×3-MIMO-Speed von 1,3 GBit/s.
Unterm Strich sind Tablets und Smartphones bei AC-WLAN schon etwas weiter als Laptops, obwohl man die hohen Geschwindigkeiten von 11ac bei den großen Geräten viel besser brauchen könnte als bei den kleineren. Spätestens beim Kopieren einer kompletten SSD oder Festplatte wird man den Speed von WLAN-11ac schätzen lernen.