Beweisfotos können erlaubt sein
Von Sabine Philipp
Es platzt einem der Kragen, wenn man als Unternehmer entdeckt, dass die Konkurrenz im Wettbewerb zu unlauteren Mitteln greift. Da wird bei der Preisauszeichnung mit UVP-Erfindungen geschummelt, dubiose Gewinnspiele drängeln Kunden zum Kauf oder Preisvergleiche verbreiten faustdicke Lügen.
Die erste Reaktion ist wichtig: Tatbestände sichern und Sachverhalte dokumentieren. Doch wer sich wehrt oder Beweise sammelt, gerät ganz schnell selbst in die Mühlen der Justiz. Deshalb sollten Sie genau wissen, was Sie dürfen und worauf Sie achten müssen.
In der Geschäftswelt muss sich jeder an die Spielregeln halten. Maßstab ist das Wettbewerbsrecht. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) regelt klar, was der Mitbewerber darf und was nicht. So verbietet es unter anderem, Konkurrenzprodukte herabzusetzen, Nachahmungen anzubieten, irreführende Werbung zu verbreiten und Mitbewerber zu behindern.
Verstöße in Newslettern oder der Anzeigenwerbung festzuhalten, ist in der Regel kein Problem. Das Zeitungsblatt (mit Datum in der Kopfleiste!) oder eine elektronische Kopie mit Zeitstempel genügen. Schwieriger wird es bei Einzelaktionen am Point of Sale.
Am Tatort Spuren sichern
Ein Musterfall: Ihr Konkurrent hat ein seinem Supermarkt zwei identische Einkaufskörbe aufgestellt. Schilder in grellen Farben erklären, dass dieselben Produkte bei Ihnen um x Prozent teurer sind. Wenn das stimmt, sind Sie machtlos. Falls nicht, dann ist das ein klarer Wettbewerbsverstoß.
Nun können Sie mit Zeugen den Supermarkt betreten und das Corpus Delicti betrachten. Läden mit Publikumsverkehr dürfen Sie betreten, solange Sie ein „übliches Kaufverhalten“ an den Tag legen, wie der Bundesgerichtshof 1994 feststellte. Das gilt übrigens auch für Testkäufe.
Allerdings dürfen Sie nicht den Betriebsfrieden stören. Und das könnte passieren, falls Sie die Kamera zücken, um das Fehlverhalten zu dokumentieren. Die Gerichte sahen das genauso und gaben bislang immer Hausherren Recht, die fotografierende Konkurrenten verklagten – bis zum 25. Januar 2007. Da hat der Bundesgerichtshof durch eine Leitsatzentscheidung diesem Automatismus einen Riegel vorgeschoben (AZ: I ZR 133/04).
Die Urteilsbegründung führt aus, es könne heutzutage
- „nicht mehr davon ausgegangen werden, dass mit ungenehmigtem Fotografieren in Geschäftsräumen generell die Gefahr einer erheblichen Störung des Betriebs des Geschäftsinhabers verbunden ist. Die technische Entwicklung ermöglicht es inzwischen, mit Digitalkameras auch kleineren Formats, Kameras in Mobiltelefonen und sogar in Armbanduhren ohne größeren Aufwand jederzeit, an allen Orten und bei jeder Gelegenheit mehr oder weniger brauchbare Fotoaufnahmen herzustellen.“
An Leuten, die fotografieren, sei daher heute kaum etwas Besonderes: „Jedermann kann heutzutage Fotoaufnahmen in Geschäftsräumen anfertigen, ohne Aufsehen zu erregen.“ Zwar sei das nicht das typische Kundenverhalten, doch sollen Fotos nun nicht mehr von vornherein als erhebliche Betriebsstörung anzusehen sein.
Im Klartext: Wenn Sie aus Beweisgründen fotografieren müssen, dann tun Sie das so unauffällig wie möglich. Nehmen Sie im Zweifelsfall aber lieber einige Zeugen mit, die dann ein Gedächtnisprotokoll anfertigen. Auch das kann als Beweis dienen.
Unterscheiden Sie zwischen Ihrem berechtigen Ärger und dem interesselosen Blick des Gesetzes. Wirklich weiter bringt Sie nur, was auch rechtlich standhält. Ein Anwalt kann Ihnen am besten sagen, welche Chancen Sie haben und was es konkret zu tun gilt. Falls Sie stattdessen hastig überreagieren, kann es gut sein, dass Sie den Anwalt für sich selbst brauchen.
Im Internet mobil machen
Wenn Sie die Sache publik machen möchten, z.B. im Internet, sollten Sie ganz besonders aufpassen. Denn bei einem falschen Wort wird der Beschuldigte Anzeige wegen Beleidigung oder Verleumdung erstatten. Umgekehrt steht natürlich Ihnen dieser Weg ebenso offen, falls jemand anderer im Web 2.0 über Sie herzieht. Tabu sind auch Lügen über Sie und Ihre Produkte. Forenbetreiber müssen solche Äußerungen löschen.
Falls jedoch eine Privatperson in einem Blog über schlechte Erfahrungen mit Ihrem Produkt berichtet, dann können Sie nichts machen – solange dort nichts Falsches oder Beleidigendes steht.
Auch wenn Sie die Konkurrenz hinter den negativen Aussagen vermuten: Antworten Sie nicht inkognito auf solche Beiträge! Das Internet scheint zwar anonym. Der Autor kann aber schnell durch seine IP-Nummer geortet werden, wie die Firma Jamba erfahren musste. Nach einem kritischen Artikel über die Geschäftspraktiken des Unternehmens im Blog Spreeblick gab es auf einmal viele Kommentare, in denen die Vorwürfe relativiert wurden. Ein Blick auf die IP-Adresse ergab allerdings, dass die lobenden Worte von Jamba-Mitarbeitern stammten. Die Medien schlachteten das Thema genüsslich aus, und schon war das PR-Desaster perfekt.
Fazit: Auf der sicheren Seite bleiben
Falls sich die Schandtaten der Konkurrenz hinter verschlossenen Türen abspielen und Sie keinen Zugang haben, ist es manchmal besser, einen Privatdetektiv zu engagieren, der sein Vorgehen dann selbst rechtfertigen muss. Das geht allerdings nicht so zu wie im Vorabendfernsehen. Also bitte: Warten Sie damit in jedem Fall, bis Ihnen der Anwalt, den Sie unbedingt zuvor konsultieren, dazu rät. (Vermutlich wird er Sie zuerst auf die Schlichtungsstellen der IHK verweisen.)
Versuchen Sie besser auch nicht, die Presse für Ihren Kleinkrieg zu instrumentalisieren. Der Schuss geht schnell nach hinten los, und Sie haben von Haus aus die schlechteren Karten. Falls die Zeitung schlecht über Sie schreibt, dann haben Sie die Möglichkeit, die Sache in einem Leserbrief richtig zu stellen. Seien Sie dabei aber objektiv und fair. Sonst fühlt sich der Autor in seinem negativen Bild von Ihnen bestätigt und lästert weiter.