Versteigerung im kleinen Kreise
Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group
Für die Breitband-Übertragung gibt es mit WiMAX eine für den deutschen Markt relativ neue mobile Lösung. Als Netzinfrastrukturtechnologie ist WiMAX schon länger im Einsatz, jetzt ist auch die Realisierung von portablen Anschlüssen für den privaten oder geschäftlichen Verbraucher absehbar. Die Technologie ist international standardisiert, die Nutzung der Frequenzen in den 3,5-GHz-Bereichen ist in Deutschland genau wie die Mobilfunkfrequenzen lizenzpflichtig.
Regulierungssituation
Nachdem im Februar 2006 ein erster Versuch zur Vergabe der WiMAX-Lizenzen wegen zu vieler Interessenten erfolglos abgebrochen werden musste, wurden ab dem 12. 12. 2006 jeweils vier WiMAX-Frequenzbänder mit 21 MHz Bandbreite in 28 Regionen auf dem Wege einer Versteigerung angeboten. Die Teilnahme an der Versteigerung setzte eine Zulassung durch die Bundesnetzagentur voraus. Dabei wurde u.a. die fachliche Eignung zum Aufbau und Betrieb eines Telekommunikationsnetzes geprüft. Außerdem wurden die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen der Interessenten geprüft, da jedes Unternehmen in jeder Region nur einmal (einschließlich aller Beteiligungen) bieten durfte.
Jedes zugelassene Unternehmen musste rechtzeitig vor der Auktion eine Kaution in Höhe des Mindestgebotes für die beantragten Regionen hinterlegen. Kurz vor der eigentlichen Versteigerung fand dann noch eine Bieterschulung zu dem relativ komplizierten Bietverfahren statt. Sechs Unternehmen bemühten sich um Lizenzen, drei davon strebten Lizenzen in allen Regionen an. Der zuvor erwartete Run auf die WiMAX-Lizenzen blieb also aus.
Schwarz auf Weiß
Eine ausführliche Darstellung zum Thema Datenfunk gibt Dr. Jürgen Kaack im Ratgeber „WiMAX, WLAN, UMTS – Funk als Alternative zu DSL“, den Sie online im Pressezentrum des MittelstandsWiki bekommen.
Auktionsergebnisse
Am dritten Tag der Auktion (15. Dezember 2006) ging die Auktion mit dem Ausstieg von Televersa beim Bieterwettstreit um die Region Oberbayern zu Ende. Die Versteigerung hatte damit insgesamt 35 Bieterrunden gebraucht. Bei den letzten Runden ging es nur noch darum, wer die Lizenzregion 27 (Oberbayern) gewinnt, in den anderen 27 Regionen stand das Ergebnis schon seit dem 13. Dezember 2006 morgens fest.
Die Gesamtsumme der Höchstgebote lag zum Abschluss bei 56,066 Mio. Euro; ursprünglich hatten viele Experten mit deutlich höheren Ergebnissen gerechnet. Die Wettbewerbslandschaft im WiMAX-Umfeld stellt sich jetzt so dar, dass drei Anbieter, nämlich
Lizenzen für alle Regionen in Deutschland haben. Jeder der drei Gewinner belegt durchgängig eines der verfügbaren Frequenzpakete A, B und C (bis auf DBD, die in der Region 14 von C auf das Paket D ausgewichen sind. Televersa hat zwei Lizenzen aus dem Frequenzpaket D für die Regionen Oberpfalz und Niederbayern gewonnen und wird hiermit die bestehenden Funknetze ergänzen. Die MGM Productions Group S.R.L. aus Italien hat Televersa die umkämpfte Lizenz in Oberbayern (Region 27) abgenommen. Von den 28 Lizenzen im Paket D wurden insgesamt nur vier versteigert. Das Frequenzpaket D war aber aufgrund geringerer Frequenzbreite (Teile liegen noch bei WLL-Anbietern) weniger attraktiv.
Wie geht es weiter?
Nun darf man gespannt sein, welche Geschäftsmodelle und Dienste die einzelnen Anbieter verfolgen und umsetzen werden. Während DBD bereits mit WLL-Frequenzen aus der Insolvenzmasse des erfolglosen WLL-Anbieters Star 21 in einigen Regionen in Deutschland operativ tätig ist, haben Clearwire und Inquam Broadband bislang nur Geschäftsaktivitäten und Funknetze außerhalb Deutschlands in Betrieb. Von den drei deutschlandweit tätigen Lizenzgewinnern ist zu erwarten, dass sie einen zügigen Netzaufbau anstreben und spätestens gegen Ende 2007 mit WiMAX-Angeboten auf den Markt kommen. Bei MGM Productions ist noch völlig unklar, welche Ziele das Unternehmen verfolgt und welches WiMAX-Geschäftsmodell in Oberbayern umgesetzt werden soll.
Fazit: Neue Modelle in Kooperation
Auf den ersten Blick scheinen der drastische Schwund von Lizenzbewerbern (von über 100 im Februar 2006 auf gerade mal fünf) und das Fernbleiben der „großen“ Netzbetreiber für ein nachlassendes Interesse an WiMAX zu sprechen. Allerdings kann man das auch als eine Entwicklung deuten, die für den Markt eher positiv sein wird. Hierfür gibt es gute Gründe:
- In jeder Region gibt es mit drei bis vier WiMAX-Betreibern einen ausreichend starken Wettbewerb.
- Die niedrigere Anzahl der Bieter wird eine ruinöse Bieterschlacht wie bei UMTS verhindern, da je Region nur vier Lizenzen vergeben werden konnten.
- Das Fernbleiben der „großen“ Carrier hat einen Lizenzerwerb zur „Wettbewerbskontrolle“ oder zum „Bunkern“ von Frequenzen verhindert.
- WiMAX-Netze werden nicht auf die Rolle eines Lückenbüßers in einem nicht vollständig ausgebauten DSL-Netz reduziert.
- Die Lizenznehmer werden voraussichtlich eine offene Kooperationspolitik verfolgen und sich auf die Kernkompetenz als Zugangsnetzbetreiber konzentrieren.
Gerade der letzte Aspekt dürfte eine entscheidende Voraussetzung dafür sein, dass neue Geschäftsmodelle umgesetzt werden. Ein interessierter Geschäftspartner kann das WiMAX-Netz als Übertragungsstrecke und Zugang zum Kunden nutzen, um die eigenen Dienste und Lösungen zu realisieren. Dies ist wichtig, weil es sich bei WiMAX um eine komplexe Funktechnologie handelt, die nicht so problemlos aufgebaut werden kann wie z.B. WLAN-Zellen. Ohne eine sorgfältige Funknetzplanung, die sich an der Topographie der auszuleuchtenden Region orientiert, kann keine gute Versorgung und insbesondere keine NLOS-Auslegung (Non Line Of Sight) erreicht werden. Daher ist es von Vorteil, wenn die WiMAX-Lizenznehmer diese anspruchsvolle Aufgabe übernehmen.