Werkzeuge zur WLAN-Planung und -Optimierung
Als Grundlage der WLAN-Bedarfsplanung muss der Funknetzarchitekt die benötigten Bandbreiten seiner User abschätzen und die Frage stellen: Wie viele Laptops, Tablets, Smartphones werden für welche Anwendungen in welchen Räumen wie lange pro Tag benötigt? Auf dieser Basis sind dann WLAN-Design– und –Kaufentscheidungen zu treffen: Wo genau muss ich welche Sorten von Funkstationen im Gebäude positionieren, damit sie optimale Signalstärken, Speed und Coverage entfalten? Welche Art und Menge von WLAN-Routern, Access Points, Antennen, Netzteilen, PoE-Adaptern und Ethernet-Kabeln muss man für diesen Rollout kalkulieren und bestellen?
Ist dann das WLAN-Projekt fertig installiert und eingeschaltet, sollte man seine Qualität noch einmal final testen, im laufenden Betrieb weiter verfeinern und allzeit an das weitere Datenwachstum anpassen.
In den verschiedenen Projektphasen geben diverse WiFi-Design- und Überwachungstools wie AirMagnet Planner, Aruba VisualRF Plan, Ekahau Site Survey, Ekahau HeatMapper, NetStumbler, InSSIDer oder der Xirrus Wi-Fi Inspector unterschiedlich gute Hilfestellung. Einige dieser Programme zeichnen sogar Baupläne für die ideale Positionierung von WLAN-Stationen und Antennen. (Ein eigener Beitrag im MittelstandsWiki hat den Xirrus Wi-Fi Inspector im Test untersucht.)
WLAN-Werkzeuge nach Schwierigkeitsgrad
Je größer das geplante Funknetz, und je schwieriger die Funkverhältnisse, desto aufwendiger wird die sogenannte Site Survey als Grundlage für das WLAN-Design. Aruba und weitere WLAN-Lieferanten unterscheiden vier Schwierigkeitsgrade:
- Virtual Site Surveys auf Basis der Baupläne, ohne Vor-Ort-Begehung, nur mit Software.
- Passive Site Surveys mit Datenanalysen aus bereits aktiven Access Points vor Ort.
- Aktive Site Surveys aus Datenreihen mit provisorisch aufgebauten Access Points.
- Komplexe Site Surveys, wie bei Punkt 3, aber mit zusätzlichen Spektralanalysen.
In Gebäuden, Räumen und Geländen mit geringer Wireless-Komplexität funktioniert das Virtual-Site-Survey-Verfahren mit bloßer Software und eingescannten Bauplänen recht gut, sofern die Baupläne mit der Realität übereinstimmen. (Bild: Aruba Networks)
Gibt es massive Funkhindernisse wie Stahlbetonpfeiler und Stahlschränke, dann können zahlreiche Funkschatten, Spiegelungen und Interferenzen entstehen, die sich nicht allein aus den digitalen Bauplänen prognostizieren lassen. (Bild: Aruba Networks)
In der Praxis lassen sich diese Methoden auch kombinieren. Um es gleich vorwegzusagen: Ein guter Funknetzplaner mit viel Projekterfahrung durchwandert das Gebäude mit wachem Auge und weiß danach schon aus dem Bauch heraus ziemlich genau, wo er die Funkstationen positionieren würde, um hohe Coverage und wenig Interferenzen zu bekommen.
Systematische Site Surveys werden von spezialisierten Beratern, Händlern, Systemintegratoren und etlichen WLAN-Lieferanten angeboten. Für einen Tag Messungen vor Ort mit anschließendem Protokoll werden nicht selten Preise von 1000 bis 2000 Euro genommen. Mit einem WLAN-Laptop und kostenloser Software wie Ekahau HeatMapper, NetStumbler, InSSIDer oder dem Xirrus Wi-Fi Inspector kann sich aber auch jeder Technik-affine selbst in die Thematik vertiefen.
Virtual Site Surveys mit Planungsdaten
Aruba VisualRF Plan
Aruba VisualRF Plan ist eine kostenlose Virtual-Site-Survey-WLAN-Planungssoftware, in die man Gebäudepläne einlesen kann. Den Wänden und Decken kann man eine Dicke zuordnen (etwa 30 cm) und eine Verlustleistung (z.B. 3 dBi). Daneben fragt das Programm, welche und wie viele WLAN-Endgeräte auf welcher Fläche und mit welchem Speed versorgt werden sollen und welche konkreten Access-Point-Modelle dafür verwendet werden sollen.
Im ersten Anlauf hat Aruba VisualRF Plan hier zehn Access Points mit etwas zu großen Funkzellen zur WiFi-Versorgung des eingescannten Großraumbüros vorgeschlagen. Links oben, links unten und rechts unten strahlen die APs weiter als nötig aus dem Büro hinaus. Das lässt sich aber händisch korrigieren. (Bild: Aruba Networks)
Das Modell spuckt dann die Anzahl der benötigten APs und deren optimale Positionierung im Gebäude oder im Gelände aus. Je genauer die Daten sind, mit denen man das Modell füttert, desto relevanter wird das Ergebnis.
So eine virtuelle Funknetzplanung ohne Vor-Ort-Recherchen klappt aber nur bei unkomplizierten Gebäuden, z.B. bei einem einstöckigen Großraumbüro ohne Funkhindernisse, ohne aktive Funkstörer, mit identischen Abständen zwischen allen Schreibtischen, mit guter Gleichverteilung aller Mitarbeiter im Raum und mit überall gleich „schweren“ Applikationen auf allen WLAN-Endgeräten. In diesem Idealfall könnte man z.B. rundum strahlende Omni-APs mit integrierten Downtilt-Antennen in exakt gleichen Abständen an die Decke montieren und sich dann auf eine gleichmäßige Funkversorgung im gesamten Großraumbüro freuen.
Laut Markus Handte, Senior Systems Engineer bei Aruba Networks, berechnet Aruba VisualRF Plan 95 % der Fälle recht zuverlässig. Bei den restlichen 5 % handele es sich um Sonderfälle, bei denen man eine Ortsbegehung benötigt, z.B. um Büros mit metallbedampften Scheiben. Die erkennt man aus den Plänen meistens nicht. In solchen Fällen brauche man eine Kombination aus Bauplänen und Ortsbegehung.
Ekahau Site Survey
Die Software Ekahau Site Survey Professional dient zur Planung neuer sowie zur Analyse und Verbesserung bestehender WiFi-Netze. Sie unterstützt unter anderem
- die Planung von WLAN-Netzen in 2D und 3D mit Importfunktion für CAD- und Vektordateien, die automatisierte Platzierung von Access Points, die Visualisierung von Abdeckung und Netzwerkleistung sowie Strahlungsdiagramme aller gängigen Antennentypen und Planungsfunktion für Netzwerkerweiterungen;
- Site Surveys in WiFi-Netzen, passiv, aktiv und hybrid, mit GPS-Unterstützung bei Outdoor Surveys;
- die Visualisierung von Signalstärken, Signalrauschabständen, Interferenzen, Datenraten und der Überlappung von Funkzellen sowie von Paketverlusten, Roaming, Paketumlaufzeiten, außerdem die Lokalisierung von Access Points sowie Spektralanalysen für die Erstellung von Reports und Messprotokollen;
- die Analyse und Behebung von Netzwerkfehlern und WiFi-Störungen, z.B. defekte APs, fremde APs, falsch konfigurierte SSIDs, falsch konfigurierte Sicherheitseinstellungen, Paketverluste, zu hohe Latenzen und übermäßige Interferenzen.
Mit der Ekahau Site Survey Software entsteht eine Heatmap des Funknetzes: Die roten Stellen sind besonders gut mit WiFi-Funk versorgt, die blauen sind nur schwach ausgeleuchtet. (Bild: Aruba Networks)
Eine abgespeckte Version namens Ekahau HeatMapper gibt es für private WLANs kostenlos im Web.
Bei Lancom Systems kann der Funknetzplaner Spektralscans aus den Verkehrsdaten der Access Points erheben: Das Bild zeigt oben die Auslastung einzelner WLAN-Kanäle zu einem bestimmten Zeitpunkt. Das Wasserfalldiagramm unten zeigt deren Auslastung in zeitlicher Abfolge. (Bild: Lancom Systems)
Passive Site Surveys bestehender WiFi-Netze
Bei passiven Site Surveys werden die Funkverkehrsdaten aus bereits errichteten WiFi-Netzen heraus analysiert. Daraus kann der Funknetzplaner ableiten, wie und wo das Netz erweitert und verbessert werden sollte.
Diverse Tools zur WiFi-Netzwerkoptimierung sind bei einigen Herstellern auch direkt in die APs eingebaut. So bietet etwa Lancom Systems einen Spektralscanner in seinem Operating-System LCOS 8.80 an. Er kann die Auslastung einzelner WLAN-Kanäle zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in zeitlicher Abfolge anzeigen. Daraus lassen sich Interferenzen, Fehler, Schwachstellen und Engpässe im Funknetz erkennen.
Aktive Site Surveys mit Messungen vor Ort
In der Praxis stehen oft Stahlschränke, Stahlbetonpfeiler, Aufzugsschächte, metallbedampfte Scheiben und weitere Funkhindernisse mit komplexen Auswirkungen mitten im Großraumbüro. Dadurch kann es an manchen Stellen zu Funklöchern und Abschattungen kommen. An anderen Stellen können auch ungeplante Funkverstärkungen oder Interferenzen durch Metallflächen entstehen.
In solchen Fällen versagt die rein softwarebasierte Funknetzplanung via virtueller Site Survey. Dann hängt, stellt oder klebt man lieber ein paar provisorische Access Points an die vermutlich günstigsten Stellen im Gebäude. Danach kontrolliert man die resultierenden Signalstärken und Speed-Werte des provisorischen Netzes mit einem Messtool auf dem Laptop, Tablet oder Smartphone. Auf Basis dieser Werte verfeinert man die Position der Access Points so lange, bis das Ergebnis insgesamt befriedigt. Am Ende werden die APs dann fest montiert und verkabelt.
NetStumbler hat einen großen Nachteil: Die Entwicklung wurde eingestellt. (Bild: Softonic Internacional S.A.)
NetStumbler
Im finalen WLAN-Netzwerk strebt man in der Regel einen möglichst hohen Datendurchsatz sowie eine möglichst geringe Überlappung der Kanäle an. Kostenlose WLAN-Messtools wie NetStumbler, InSSIDer oder Xirrus Wi-Fi Inspector leisten dabei wertvolle Dienste, weil man mir ihrer Hilfe visualisieren kann, was sich im Funknetz abspielt.
Der NetStumbler war über Jahre sehr beliebt, weil er übersichtlich und präzise ist. Mittlerweile ist er veraltet, weil seine Entwicklung eingestellt wurde. Er läuft auf Windows 95, 98, 2000 und XP. Die erkannten Netzwerkmodi reichen von 11a über 11b bis 11g. Die jüngsten Modi 11n und 11ac erkennt er jedoch nicht.
Xirrus Wi-Fi-Inspector
Der kostenlose Xirrus Wi-Fi Inspector dient der Überwachung und Optimierung von WLAN-Netzwerken. Per Juni 2015 lief er auf Windows 7, Vista und XP. Um seine Einsatzmöglichkeiten zu testen, haben wir sechs WLAN-Basisstationen aus den letzten 13 Jahren in Betrieb genommen, von 11b bis 11ac.
Die wichtigsten Funktionen der APs liest das Xirrus-Tool über die Luft aus und stellt sie in Tabellen oder Kurven dar: Default Encryption, Default Authentication, AP-Vendor, SSID, BSSID, Kanal, Frequenz und Signalhistorie. Auch die Netzwerkmodi 11a, 11b, 11g und 11n erkennt der Inspector, nur der 11ac-Gigabit-Modus blieb unerkannt.
Der kombinierte Einsatz aller Tools des kostenlosen Xirrus-Werkzeugs lässt zwar keine perfekte, aber doch eine brauchbare Qualitätskontrolle von WLAN-Installationen zu. Die freie Software kann gute Anregungen zur Ausmerzung von Fehlern und zur weiteren Optimierung einer WLAN-Installation liefern. Gefallen hat die Lokalisierungsfunktion, mit der sich verdächtige APs über ein akustisches Feedback aufspüren lassen.
Komplexe Site Surveys mit Spektralanalysen
Besonders schwierig ist die Prognose der Funkausbreitung in Fabrikhallen mit Maschinen und bewegten Robotern aus massivem Stahl. Auch in Krankenhäusern kann sich die WLAN-Planung durch dicke Mauern, Aufzüge, Röntgengeräte, Abschirmwände, Stahlbetten und medizinische Apparaturen verkomplizieren.
Die Grafik zeigt eine Spektralanalyse im 2,4-GHz-Band über 13 WLAN-Kanäle hinweg. (Bild: Ekahau)
Manch eine baulich komplexe Klinik, so auch das bekannte Münchener Klinikum rechts der Isar, hatte per Juni 2015 noch gar kein offizielles flächendeckendes WLAN, obwohl Personal und Patienten so etwas dringend brauchen könnten: Besonders jüngere Patienten koordinieren ihre Krankenbettbesucher ja kaum noch über Telefon, sondern über Facebook, Chats und Social Networks. Wer da kein eigenes Handy, Tablet oder Notebook mit Mobilfunkdatenmodem oder einen 3G-4G-LTE-to-WLAN-Router dabei hat, fühlt sich schnell von der Welt abgeschnitten.
Schwierig wird die Funknetzplanung auch, wenn WLAN-fremde Geräte in den WiFi-Bändern bei 2,4 und 5 GHz dazwischenfunken und das Netz auf den gleichen oder auf eng benachbarten Frequenzen stören. Solche Störenfriede kann man mit Spektrumanalysatoren orten und untersuchen. Teure Topgeräte im sechsstelligen Eurobereich findet man beim Messgerätekonzern Rohde & Schwarz. Modelle im vierstelligen Eurobereich gibt es unter anderem bei Conrad Electronic. Ansatzweise sind Analyzer-Funktionen auch in diversen Access Points verbaut, etwa bei Lancom Systems. Ekahau hat einen Spectrum Analyzer als USB-Stick, mitsamt Software für den Laptop.