Wohnraum- oder Gewerbemietverhältnis: Welches Recht für Mischmietverträge gilt

Freiberufler oder Start-ups, die Räume anmieten und manche davon beruflich, andere privat nutzen, schließen dennoch den Mietvertrag nicht doppelt ab. Im Streitfall ist dann aber zuerst zu klären, welches Recht (und welches Gericht) zuständig ist. Armin Dieter Schmidt erläutert ein aktuelles BGH-Urteil.

Gemischtes Mietrecht gibt es nicht

Von Armin Dieter Schmidt, anwalt.de

Selbstständige arbeiten bekanntlich selbst und ständig. Tatsächlich ist die Grenze zwischen Privatem und Beruflichem gerade bei Frei­beruflern oder Gründern gewerblicher Start-ups oft fließend. Büro- bzw. Praxis­räume und die private Wohnung befinden sich nicht selten im selben Gebäude und es gibt nur einen einheit­lichen Miet­vertrag für beides. Doch welches Recht ist auf solche Misch­miet­verträge anzuwenden?

Wohnen und Arbeiten im gleichen Haus

Mit einem solchen Fall musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines mehrstöckigen Berliner Hauses beschäftigen (Urteil v. 9. Juli 2014, Az. VIII ZR 376/13). Die Beklagten hatten das Gebäude 2006 gemietet und einen einheitlichen schriftlichen Mietvertrag abgeschlossen. Darin war ihnen u.a. gestattet, im Erdgeschoss eine Hypnosepraxis einzurichten. Die Stockwerke darüber bewohnten sie offenbar privat. Die Flächen zur gewerblichen und privaten Nutzung waren dabei in etwa gleich groß.

Nach einigen Jahren kündigten die Vermieter den Vertrag, ohne dafür Gründe anzugeben. Die Mieter wollten sich das nicht gefallen lassen und widersprachen. Die Vermieter antworteten mit einer Räumungsklage vor dem Landgericht (LG) Berlin. Das aber sah sich für den Fall gar nicht zuständig. Die Richter gingen nämlich von einem Wohnraummietverhältnis aus, für das grundsätzlich das Amtsgericht (AG) zuständig ist. Die Räumungsklage wurde daher erst einmal abgewiesen.

Überwiegende Nutzung soll entscheiden

Doch so schnell gaben die Vermieter nicht auf. Sie gingen in Berufung. Vor dem Kammergericht (KG) bekamen sie auch recht. Dort stuften die Richter den Mietvertrag nämlich als Gewerbemietvertrag ein. Die freiberufliche Nutzung des Erdgeschosses als Praxis war ihrer Meinung nach der vorherrschende Vertragszweck. Danach wäre die Kündigung wirksam und die Mieter hätten tatsächlich ausziehen müssen. Das letzte Wort war damit allerdings noch nicht gesprochen: Der BGH musste über die Revision entscheiden.

Dabei erklären die Richter, dass ein einheitlicher Vertrag, auch wenn ein Mischmietverhältnis vorliegt, einheitlich entweder nach den Vorschriften des Gewerbemietrechtes oder denen des Wohnraummietrechtes zu beurteilen ist. Es gibt keinen Grundsatz, nach dem die gewerbliche oder freiberufliche Nutzung der privaten vorgeht. Stattdessen müssen in jedem Einzelfall die konkreten Umstände betrachtet werden. Nach einer Abwägung, was für einen Gewerbemietvertrag und was für einen Wohnraummietvertrag spricht, fällt dann die Entscheidung.

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Fazit: Im Zweifel gilt das Wohnraummietrecht

Lässt sich partout keine überwiegende Nutzung feststellen, ist laut BGH eher von einem Wohnraummietverhältnis auszugehen. Schließlich könnten andernfalls zwingende Schutzrechte des Wohnraummieters umgangen werden. Im vorliegenden Fall war das aber wohl gar nicht entscheidend.

Der Mietvertrag war nämlich auf unbestimmte Zeit geschlossen. Das ist für Gewerberaummietverhältnisse untypisch, meinten die Richter. Auch war eine einheitliche Miete vereinbart, ohne dass dabei die Umsatzsteuer ausgewiesen war. Beides spricht deutlich für das Überwiegen der Wohnraummiete. Nach den dafür geltenden Regelungen kann der Vermieter aber nicht einfach ohne Vorliegen eines Grundes kündigen. Im Ergebnis war die Kündigung daher unwirksam.

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