Die Außenwirtschaftspolitik setzt den Hebel an
Von der Fachredaktion anwalt.de
Wo Waren die Grenze passieren, ist der Zoll zuständig. Auch wenn die meisten Geschäftsreisenden am Flughafen ihr Gepäck routinemäßig durchs Grün bei „Anmeldefreie Waren“ rollen – die Bedeutung der Zollbehörden wird allgemein unterschätzt. Gerade beim Warenverkehr einer globalisierten Welt spielt der Zoll aber eine entscheidende Rolle – nicht nur für ex- und importierende Unternehmen, sondern auch bei Schwarzarbeit, Geldwäsche oder Markenpiraterie.
Unter dem Begriff „Zoll“ versteht man
- zum einen die Steuern oder Abgaben, die im grenzüberschreitenden Warenverkehr zu entrichten sind.
- Zum anderen bezeichnet man als Zoll auch die Zollverwaltung und ihre Zollbehörden, die v.a. den Warenverkehr und die Einhaltung der Zollvorschriften überwachen.
Zölle gibt es schon seit die Menschen Handel betreiben – vor allem Gebietsherrscher haben Zölle schon früh als Einnahmequelle und zugleich als politisches Instrument genutzt. Zölle können bis heute die verschiedensten Zwecke erfüllen: Ausfuhrzölle können helfen, wichtige Wirtschaftsgüter im Inland für die eigene Wirtschaft zu halten (wichtig etwa für rohstoffreiche Entwicklungsländer), Einfuhrzölle können die eigene Wirtschaft vor günstigen Konkurrenzwaren aus dem Ausland schützen und Strafzölle können als Maßnahme gegen Dumping oder Subventionen eingesetzt werden.
Grundsätzlich unterscheidet man heute zwischen Einfuhrzöllen (Import), Durchfuhrzöllen (Transit) und Ausfuhrzöllen (Export).
Zollgebiete und Zollunionen
Die Pflicht, einen Zoll zu entrichten, entsteht erst, wenn man Waren über eine so genannte Zollgrenze bringt. Weil grundsätzlich Zölle den internationalen Warenverkehr und somit die Wirtschaft behindern, haben viele Staaten sich zu Zollunionen zusammengeschlossen. Innerhalb ihrer Zollgebiete werden keine Zölle erhoben.
Die EU bildet etwa eine solche Zollunion, so dass Zölle für Wareneinfuhr oder -ausfuhr nur erhoben werden, wenn die Grenzen zu Nicht-EU-Ländern überschritten werden. Wein aus Frankreich, Italien oder Spanien kann z.B. zollfrei nach Deutschland importiert werden. Wein aus Australien, Chile oder Südafrika ist hingegen zu verzollen.
Ein wesentlicher Schritt zur Wirtschaftsförderung war das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen/General Agreement on Tariffs and Trade (GATT), in dem sich schon 1947 zahlreiche Länder verpflichteten, sukzessive Zölle und andere Handelsbeschränkungen aufzuheben. Aus diesem völkerrechtlichen Vertrag, dem auch Deutschland 1951 beitrat, ging letztlich die Welthandelsorganisation/World Trade Organization (WTO) hervor, die heute den weltweiten Güterhandel kontrolliert.
Aufgaben der deutschen Behörden
Die bundesdeutschen Zollbehörden sind nicht nur für die Überwachung der Zollgrenzen und der Aus- bzw. Einfuhr von Waren zuständig, sondern auch für die Einnahme bestimmter Verbrauchssteuern (z.B. Stromsteuer, Tabaksteuer, Energiesteuer, Branntweinsteuer). Auch die europäischen Zölle nehmen die deutschen Zollbehörden ein und führen sie an die EU ab (sie machen 75 % aller erhobenen Zölle aus).
Vielfach unbekannt ist, dass die Zollbehörden auch verantwortlich sind für die Verfolgung von Schwarzarbeit und Geldwäsche. Bei der Suche nach Zollverstößen kommt die Zollfahndung zum Einsatz.
Oberste Bundesbehörde für den Zoll ist das Bundesfinanzministerium, dem die Bundesfinanzdirektionen, das Zollkriminalamt und schließlich die einzelnen Hauptzollämter unterstehen.
Rechtliche Grundlagen
Gesetzliche Grundlagen für den Zoll sind neben dem GATT-Abkommen vor allem der Zollkodex, der für alle EU-Länder seit 1994 das Zollrecht im Warenverkehr mit Drittländern bestimmt. Der Zollkodex und seine Durchführungsverordnungen regeln den Ablauf des Zollverfahrens, die Einfuhr von Waren in die EU und wie sich im Einzelnen der Zolltarif und der Zollwert ermitteln.
Die letzte Modernisierung des Zollkodexes erfolgte im Juni 2008, die mit Wirksamwerden der Durchführungsverordnungen bereits teilweise in Kraft getreten ist. Das Zollabwicklungssystem ATLAS vereinfacht u.a. die Zollverfahren und stellt den Datenaustausch auf elektronische Form um, wodurch die Zollverfahren auch beschleunigt werden sollen.
Zolltarif, Limits und Verbote
Die Höhe des zu entrichtenden Zolls bestimmt sich nach dem jeweiligen Zolltarif der EU für die Ware. Dabei wird der Wert des Zollgutes (inkl. Transport- und Versicherungskosten) zugrunde gelegt. Der Zollsatz bestimmt schließlich, wie viel Prozent vom Zollwert als Zoll für die Ware erhoben wird. Für Unterhemden (T-Shirts und Unterhemden aus Gewirken und Gestricken) gilt z.B. aktuell ein Zollsatz von 12 %. D.h. dass auf den Wert der Ware 12 % an Zoll für die Einfuhr in die EU erhoben wird.
Dabei gibt es auch Zollfreigrenzen. Wenn etwa der Warenwert einer Sendung unter 150 Euro (bis 30. November 2008: nur 22 Euro) liegt, wird kein Zoll erhoben. Für besondere Güter wie etwa Kaffee, Tabak, Parfüms und Alkoholika gelten wiederum spezielle Vorschriften.
Reisefreigrenzen
Auch wer als Reisender Mitbringsel aus Nicht-EU-Mitgliedsstaaten in die EU einführt, muss die Zollvorschriften beachten. Hier gelten jedoch pro Person bestimmte Reisefreigrenzen, die zum 1. Dezember 2008 deutlich angehoben wurden. Erlaubt sind:
- Alkohol und alkoholhaltige Getränke, wenn der Reisende mindestens 17 Jahre alt ist:
- 1 l Spirituosen mit mehr als 22 % Volumenalkohol oder
- 2 l Alkohol oder Getränke mit max. 22% Volumenalkohol oder
- eine anteilige Kombination dieser Waren und zusätzlich
- 4 l nichtschäumende Weine und
- 16 l Bier
- Tabakwaren, wenn der Reisende mindestens 17 Jahre alt ist:
- 200 Zigaretten oder
- 100 Zigarillos oder
- 50 Zigarren oder
- 250 g Rauchtabak oder
- eine anteilige Zusammenstellung dieser Waren
- Arzneimittel in einer Menge, die dem persönlichen Bedarf des Reisenden entspricht
- Kraftstoffe: für jedes Motorfahrzeug die im Haupttank befindliche Menge zuzüglich 10 l in einem tragbaren Behälter
- Andere Waren (inkl. Tee, Kaffee, Parfums):
- bis zu einem Warenwert von insgesamt 300 Euro,
- für Flug- und Seereisende sogar bis zu 430 Euro,
- für Reisende unter 15 Jahren nur bis zu einem Wert von 175 Euro
Maßgeblich für die Wertgrenzen sind der Warenwert inklusive der ausländischen Umsatzsteuer.
Die Freigrenzen mehrerer Reisender können nicht addiert werden. Wenn also z.B. ein Ehepaar im Pkw aus der Schweiz ein Gemälde im Wert von 600 Euro einführt, so ist das Gemälde freilich nicht teilbar, so dass es nur einer Person zugeordnet werden kann. Es wird also nur einmal die Freigrenze von 300 Euro ausgeschöpft. Die Freigrenze des anderen Reisenden darf nicht dazu addiert werden, so dass für die verbleibenden 300 Euro Zoll zu entrichten ist. Falls das Paar dagegen vier antike Silberleuchter im Wert von jeweils 150 Euro aus der Schweiz mitbringt (insgesamt 600 Euro), können jeweils zwei Leuchter einer Person zugeordnet werden. Beide Reisende schöpfen mit je zwei Leuchtern ihren jeweiligen Freibetrag von 300 Euro aus. Sie müssen keinen Zoll entrichten.
Geschützte Arten
Untersagt ist generell die Einfuhr von Elfenbein, Krokodilleder und ähnlichen exotischen Souvenirs ohne eine entsprechende Aus- und Einfuhrerlaubnis. Hier greift das Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen (WA), die Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora (CITES). Es verbietet nicht nur die Ein- und Ausfuhr von besonders geschützten lebendigen Tieren, sondern auch von entsprechenden Tierpräparaten oder Tierprodukten.
Der Zoll ist dafür zuständig, dass derartige Tiere oder Produkte beschlagnahmt werden, damit der Handel mit diesen verbotenen Waren unterbleibt und letztlich die bedrohten Tierarten geschützt werden. In der Regel wird wegen des Verstoßes auch ein Bußgeld verhängt.
Die Zollstatistik 2008 ergibt, dass in 49.000 Fällen Waren sichergestellt wurden und sich die Anzahl der Artikel innerhalb eines Jahres auf 178 Mio. verdoppelt hat. Insbesondere bei Spielwaren, DVDs und Medikamenten (v.a. Potenzmittel) war die Zunahme dramatisch.
Plagiate und Fälschungen
Ebenso verboten ist die Einfuhr von gefälschten Produkten, die insbesondere im Luxusbereich beliebt sind. Die vermeintliche Louis-Vuitton-Tasche, die Gucci-Brille und das Armani-T-Shirt sind etwa im fernen Osten nur als Fälschung günstig zu haben. Weil auch das Ahnden von wettbewerbsrechtlichen Verstößen Aufgabe des Zolls ist, werden Reisende auch im Hinblick auf Plagiate geprüft und gegebenenfalls wird die falsche Ware beschlagnahmt. Hintergrund ist, dass die Originalhersteller nicht durch Ideenklau und unerlaubte Nachahmungen geschädigt werden sollen.
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Fazit: Schmuggel zahlt doppelt
Wer als Unternehmen Waren aus Drittländern einführen will, sollte sich bei seinem zuständigen Hauptzollamt informieren. Wenn dauerhaft und in großem Umfang Importe geplant sind, empfiehlt sich evtl. der Status als zugelassener Wirtschaftsbeteiligter (AEO). Als AEO profitieren Sie von zahlreichen Vereinfachungen in der Zollabwicklung, werden zeitlich bevorzugt, müssen weniger Sicherheiten leisten und können den Ort der Warenprüfung auswählen.
Als Reisender sollte man bereits am Urlaubsort bei exotischen Waren skeptisch sein und sich am besten schon vor der Reise über mögliche Verbote informieren. Bei zulässigen Waren sollte man auf jeden Fall die Freigrenzen beachten und anderenfalls die Waren beim Zoll sofort bei der Einreise anmelden. In der Regel sind die Zölle für die Mehreinfuhr auch überschaubar. Wird man hingegen beim Schmuggel erwischt, wird nicht mehr der normale, sondern der doppelte Zoll als Strafzoll erhoben. Je nach Menge und Warenart drohen zudem die Beschlagnahme und ein Bußgeld.