Die Börsen brechen ein, die Aktienkurse stürzen ab – steht die Wirtschaft vor einem neuen Abgrund oder ist alles nur ein Sturm im Wasserglas? Sind die Kursstürze auch eine Gefahr für die mittelständische Realwirtschaft in Deutschland? Sicher haben sie Einfluss, aber der dürfte sich eher in Grenzen halten. Das sieht auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband Berlin so, wie uns ihr Pressesprecher Stefan Marotzke im Interview wissen ließ. Er glaubt an einen zwar abgeschwächten aber dennoch weiterhin positiven Verlauf der Wirtschaftsentwicklung in der zweiten Jahreshälfte.
Ein traditioneller Indikator für die Lage der mittelständischen Wirtschaft ist die Kreditnachfrage. Diese signalisiert auch für 2011 Optimismus in den Unternehmen. So wurden zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni dieses Jahres bei den deutschen Sparkassen und Giroinstituten Darlehen an Unternehmen und Selbstständigen im Gesamtwert von 32,5 Mrd. Euro zugesagt, mithin 12,8 % mehr als im gleichen Zeitraum des Jahres 2010.
Marotzke rechnet daher trotz nachlassender Konjunkturzahlen für das Gesamtjahr 2011 mit einem Wirtschaftswachstum von rund 3 %. 2012 könnte dann noch immer ein Wachstum von 1,3 bis 1,5 % erreicht werden, so Marotzke weiter, um gleich darauf einzuschränken: Eine verlässliche Prognose sei angesichts der Sprünge in den Finanzmärkten allerdings kaum möglich.
Eine konkretere Gefahr für den Mittelstand gehe im zweiten Halbjahr von den Basel-III-Beschlüssen aus, warnt der Sparkassensprecher. Diesen Beschlüssen entsprechend sollen – nach derzeitigem Stand der Diskussion – die Eigenkapitalquoten der Kreditinstitute für alle vergebenen Kredite gleich stark angehoben werden. Das könnte dazu führen, dass Mittelstandskredite teurer werden – obgleich diese als realwirtschaftliche Unternehmenskredite deutlich risikoärmer sind, als jene für Handelsgeschäfte.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband plädiere deshalb dafür, so Marotzke, die Basel-III-Anforderungen nur auf große Kreditinstitute mit internationalen Geschäftsaktivitäten anzuwenden, wie dies z.B. in den USA gehandhabt wird. (ml)