Internet-Rechtsexperte RA Christian Solmecke warnt aus aktuellem Anlass Unternehmen davor, mit Rabatten Facebook-Fans und positive Bewertungen erkaufen zu wollen. Sie könnten schnell eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht bezichtigt werden. Ein Internet-Händler für Druckerzubehör bekam das bereits zu spüren. Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte ihn Ende November 2011 wegen bezahlter Bewertungen zum Schadensersatz an eine Konkurrentin.
Im Wettbewerb um die Gunst der Kunden werden für viele Online-Händler Rezensionen auf Bewertungsportalen immer wichtiger. Um möglichst viele positive Bewertungen zu erhalten, lassen sich die Shop-Betreiber so einiges einfallen. Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger Solmecke mahnt Internet-Händler zur Vorsicht:
„Das Anbieten von Rabatten, Gutscheinen oder sonstigen Vergünstigungen gegen eine positive Bewertung kann einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellen, der durch Konkurrenten oder Verbände abgemahnt werden kann. Zumindest dann, wenn nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich um gekaufte Nutzermeinungen handelt.“
Das OLG Hamm (Urt. v. 23.11.2010, I-4 U 136/10) hatte einen solchen Fall zu entscheiden. Ein Internet-Händler für Druckerzubehör warb in seinem Newsletter mit einem Sonderrabatt von bis zu 25 %. Diesen Rabatt sollte der Kunde erhalten, wenn er eine Bewertung auf einem Meinungsportal abgibt. Konkret hieß es in der Werbung: „Sie sind von uns begeistert oder wollen einfach Ihre Meinung über uns mit anderen teilen? Wenn Sie innerhalb von 90 Tagen nach Erhalt unserer Waren eine Bewertung auf dem folgenden Meinungsportal abgeben […] und uns eine Kopie der Bewertung per Email an […] senden, erhalten Sie von uns nachträglich einmalig einen Preisrabatt von 10 % auf den Warenwert Ihrer letzten Bestellung“. Auf dem Bewertungsportal wurde auf das Rabattangebot an die Kunden jedoch nicht hingewiesen.
Diese Werbung ließ eine Mitbewerberin wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht abmahnen. Das OLG Hamm gab ihr Recht. Die Werbung mit Rabatten für Kundenbewertungen stelle eine Irreführung (§ 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG) dar, so dass die Mitbewerberin Unterlassung verlangen kann. Die Kunden, die auf dem Bewertungsportal ihre Meinung zu der Qualität der Waren der Online-Shops äußerten, waren bei ihrem Urteil nicht frei und unbeeinflusst. Es handele sich jedenfalls dann, wenn wie hier auf die Bezahlung der Nutzermeinungen nicht ausdrücklich hingewiesen wird, um wettbewerbswidrig bezahlte Empfehlungen.
Das Urteil könnte nach Auffassung Solmeckes weitreichende Folgen haben:
„Bei Facebook werben viele Unternehmen mit Belohnungen für ihre Fans, wie z.B. Rabatten oder Gutscheinen. Auch ein ,Like‘ stellt jedoch eine Kundenempfehlung dar, die nicht erkauft werden darf. Auf diese Weise möglichst viele Fans zu gewinnen, kann also rechtlich durchaus riskant sein. Ähnlich sieht es bei iPhone-Apps aus. App-Entwickler versuchen einiges, um die begehrte 5-Sterne-Bewertung für ihre App zu erhalten. Jedoch gilt auch hier, dass keine geldwerten Vorteile für eine Empfehlung versprochen werden dürfen.“
Die Warnung des Internet-Rechtsexperten zeigt ein weiteres Mal, wie viele Fallen für Unternehmen im Internet lauern – nicht zuletzt deshalb, weil im Netz neue Spielwiesen und Hypes im Halbjahrestakt entstehen, während sich die entsprechende Rechtspraxis dazu oft erst nach mehreren Jahren abzeichnet, wenn erste Urteile durch eine zweite oder gar dritte Instanz bestätigt wurden. (Quelle: Typemania/Wilde Beuger Solmecke/ml)